Wie kann man den Routenverlauf und die Eindrücke einer vierjährigen Weltumsegelung in wenigen Absätzen beschreiben? Das erscheint uns fast nicht möglich, trotzdem haben wir es versucht – vor allem deshalb, weil diese Homepage auch ein Dokument der Erinnerung sein soll. Die Erinnerung an einen wichtigen und schönen Lebensabschnitt - für uns und natürlich besonders für unsere Tochter Anna.
 
 
 
 
 
Den Tag, an dem wir unsere Heimatmarina verlassen haben, werden wir wohl nie wieder vergessen. Es war bei weitem nicht der schönste Tag dieser langen Reise, aber ein Tag, den wir schon seit Jahren herbeisehnten und zigmal in unseren Köpfen durchgespielt haben. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Nach der großen Abschiedsparty am Vorabend und den Verabschiedungen am Liegeplatz, waren wir emotional total überfordert und wollten nur noch Ruhe und uns drei. Zwanzig Minuten nach dem Verlassen der Marina, fällt der Anker in einer ruhigen und geschützten Ankerbucht ,wo wir den Start mit einer Flasche Champagner begießen, den wir schon seit Jahren im Regal stehen gehabt haben.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ab jetzt sind wir frei. Wir planen nur noch nach den Jahreszeiten, den Windsystemen und unseren Wünschen. Und unser Wunsch ist einmal - „Go West“ – schauen, wie weit wir kommen. Hafenhandbücher und Seekarten bis Spanien sind an Bord. Wenn wir es bis Mallorca ohne Probleme schaffen, werden dort die nächsten Kartensätze besorgt werden.  Wir waren uns bei weitem nicht sicher ob wir auch wirklich das Richtige tun. Heute wissen wir, es war die beste Entscheidung unseres Lebens, die Zelte abzubrechen und kopfüber in das große Abenteuer zu springen. Alle drei haben wir unbezahlbare Eindrücke und Erfahrungen gesammelt, sind von einer Wolke in die nächste geschwebt, haben entdeckt, dass die Welt ein wunderbares kosmopolitisches Dorf ist, das keine Grenzen kennt. Und wir haben festgestellt, dass wir in dieser für uns so neuen Welt sehr, sehr glücklich waren, obwohl es für uns einen gewissen Engpass an materiellen Gütern gab, der aber durch scheinbar unerschöpfliche Ressourcen an Freundschaft, Liebe, Naturerlebnissen und Abenteuern bei weitem ausgeglichen wurde.
 
Durch das Mittelmeer mit seinen kulturellen und kulinarischen Höhenflügen - immer mit dem Bug Richtung Gibraltar. Trotz überfüllter Häfen, teurer Marinas, mit Touristen verstopfter Städte ein wunderbarer Platz. Zadar – Dubrovnik – Otranto – Sizilien – Sardinien – Mallorca – Ibiza – Almeria..., was will man mehr.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Von Gibraltar auf die Kanaren ist es nur ein Katzensprung. Wir aber zögern und suchen nach Gründen, wieso wir noch warten sollen. Als wir es dann wagen zu starten, wird die Überfahrt zum erfüllten Traum. Mit dem Portugalpassat über die Wellen rauschen, die unendliche Freiheit genießen – das gelebte Abenteuer.
 
Auf den Kanaren wird die Langfahrtausrüstung von Idemo komplettiert und wir lernen die ersten "echten" Fahrtensegler kennen. Unser nächstes Ziel sind die Kapverden. Ein faszinierendes Archipel. Afrika – Europa, Tradition und Moderne, Wind und Berge gebn sich hier die Hand. Über sechs Wochen kreuzt Idemo von Insel zu Insel, immer vor dem Wind. Eine Gegend die vielen Seglern überhaupt nicht gefällt, war für uns einer der Höhepunkte im Atlantik.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Auf der ersten großen Überfahrt bewährt sich unser Schiff trotz Problemen mit der Propellerwelle. Doch Idemo ist ein Segelschiff und wir lernen, dass man auch bei wenig Wind großartiges Segelgefühl haben kann. Ein Erlebnis, das unser zukünftiges Reiseverhalten beeinflussen wird. Wo es irgendwie geht, segeln wir. Erst wenn die Fahrtgeschwindigkeit so gering wird, dass der Windpilot nicht mehr steuern kann (1 – 2 Knoten je nach Dünung), wird über das Starten des Motors nachgedacht. Auf langen Überfahrten warten wir auch gerne tagelang auf Wind. Damit wird die Verbindung zu Schiff und Meer direkter, die Idee des Reisens mit dem Wind tatsächlich verwirklicht.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Landfall in Martinique. Wunderschöne Palmen, lange Sandstrände aber sehr ähnlich dem Mittelleer – wo bitte bleibt das Abenteuer, das Unberührte, das zu Entdeckende? Über den Inselbogen der Kleinen Antillen hangeln wir uns weiter Richtung Trinidad.  Idemo kommt aus dem Wasser und ihr Unterwasseranstrich wird erneuert. Auch oberhalb der Wasserlinie erfordert der stärkste Baustoff mit dem kleinen Nachteil Rost, viel Arbeit.

Danach wartet ein großes Abenteuer - Venezuela! Laut Erzählungen voll mit Piraten. Wir aber sind schon mutiger und erkunden im Pulk mit drei anderen Schiffen die Festlandküste und die herrlich einsamen Offshore-Inseln. Eine Symphonie in blau und weiß!  Die herrlichen Sandstrände ohne eine Palme, ohne ein Haus, ohne eine Menschenseele, sind so ziemlich das einsamste, was wir bisher gesehen haben. Völlig autark, ohne jedes Zutun von außen, verbringen wir hier Monate der Zufriedenheit. Wir lernen, aus Trockenmilch Joghurt zu erzeugen, backen Brot, leben von den im Riff selbst geschossenen Fischen und selbst das Süßwasser erzeugen wir selbst mit unserem kleinen Wassermacher – der Strom dafür kommt aus den Solarzellen und dem Windgenerator, der durch den ständig blasenden Passatwind angetrieben wird. Wir erkennen, dass dieses Leben hier einer der Hauptgründe für so eine Reise sein kann. Natur pur und die Möglichkeit sich durch das eigene Geschick in dieser verlassenen Gegend zu bewegen, machen uns glücklich. Am liebsten wären wir ewig hier geblieben (wie so oft), aber eine für uns wichtige Entscheidung ist gefallen, wir wollen um die Welt segeln! Damit sind wir schon in Zeitnot. Spätestens im April müssen wir durch den Panamakanal.

Nach den ABC-Inseln folgt Kolumbien. Weit entfernt vom Festland passieren wir die gefürchtete Küste. Idemo erinnert sich scheinbar an den Satz eines alten kroatischen Fischerbootes: „Beschütze du mich vor dem Land, dann beschütze ich dich vor dem Wasser“, und bringt uns zum Dank das schnellste Etmal der gesamten Weltumsegelung – 169 Seemeilen in 24 Stunden – über sieben Knoten pro Stunde. Nicht schlecht für einen schweren Bleitransporter!

Nur Cartagena wollen wir nicht auslassen,- stechen an die Küste und erleben eine wunderbare, historische Stadt. Weiter im Westen, im San Blas Archipel, ankern wir neben den Hütten er Kuna-Indianer, die ihre Lebensart in den letzten fünfhundert Jahren kaum verändert haben. Anna entdeckt ihre Lieblingsinsel, die man in zehn Minuten umrunden kann.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Vor einer etwas größeren Insel lernen wir viele neue Yachten und ihre Besatzungen kennen. Diese Yachty-Community ist herrlich. Ein internationales Dorf, das sich im gleichen Takt immer Richtung Westen bewegt. Lagerfeuer am Strand, gemeinsame Schnorchel-Ausflüge, lange Abende im Cockpit, ständig ist was los. Freundschaften entwickeln sich sehr leicht, denn alle haben ein gemeinsames Interesse – den Weg nach Westen in einem mehr oder weniger kleinen Segelboot zurückzulegen.
 
Nach den herrlichen Tagen bei den Kuna-Indianern melden wir uns für die Fahrt durch den Panamakanal an. Einige harte Wochen der Vorbereitung warten auf uns. Alles muss hundertprozentig funktionieren, an jede Kleinigkeit muss gedacht werden, die Verproviantierung nimmt uns voll in Anspruch. Aber wir schaffen es, so wie die meisten. Wir bringen Idemo in den Pazifik!
 
Jetzt fühlen wir uns das erste Mal als Weltumsegler. Irgendwie ist klar, dass es jetzt nicht mehr zurück gehen kann – der "Ausweg" Atlantikrunde ist zu, auch wenn wir nur wenige Meilen von diesem entfernt ankern. Wir haben den Eindruck

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
etwas ganz besonderes erleben zu dürfen. Das, wovon wir in unzähligen Büchern gelesen haben, widerfährt nun uns selbst. Ich kann  nur sagen „echt cool“.
 
Über die Galapagosinseln geht es weiter zu den Marquesas. Für mich der herrlichste Platz auf der Welt. Abseits von jeder Verkehrsverbindung liegt ein kleines Paradies. Wer hier her will, kann das nur mit einem Segelboot oder einem der wenigen Versorgungsschiffe machen. Flughäfen kennen die meisten der Marquesas-Inseln noch nicht. Hohe grüne Inseln, Palmenrauschen, Ukulele und Blumenkränze. Gauguin, Jack London, Thor Heyerdahl - sie alle haben die Wahrheit gesagt.
 

 
 
 
 
 
 
 
 
Einsame Atolle in den Tuamotos, die reizvollen Gesellschaftsinseln, wir können nur wiederholen, es ist wirklich so schön wie beschrieben. Natürlich gibt es hie und da dunkle Flecken und wir erkennen auch, dass ein Leben für immer in den Tropen viele, viele Nachteile hat. Aber auf der Durchreise, für den Segler, der sich die besten Stellen herauspickt, sind und bleiben die Südpazifischen Inseln ein perfektes Paradies.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Umso weiter man im Pazifik Richtung Westen kommt, umso unbeständiger wird der Passat. Starke Westwinde sind keine Seltenheit mehr und zeigen den Seglern ob sie ihren Schiffen und sich selbst eine Reise in den Süden zumuten wollen. Auf den Ankerplätzen wird die Frage, ob die Hurrikansaison in Neuseeland oder Australien verbracht werden soll, heiß diskutiert. Wir entscheiden uns für den Weg Richtung Süden. Und es wird ein harter Törn. 14 lange Tage liegen wir auf der Kreuz bevor wir endlich die neuseeländische Nordinsel erreichen.
 
Anna beginnt das Abenteuer Schule. Unsere Befürchtungen dass sie damit Probleme haben wird, werden in keiner Weise bestätigt. In einer traumhaft gelegenen Primary-School findet sie viele neue Freunde und entwickelt einen ausgeprägten Kiwi-Akzent. Während Anna in die Schule geht, beginnen für den Rest der Crew die Revisionsarbeiten an unserem braven Schiff. Das durchgehende Feuerwehrrot gefällt uns nicht mehr und auch sonst gehört einiges verbessert und überholt. Neuseeland fasziniert uns. Seit Jahren sind wir wieder in einem Erste-Welt-Land, alles ist gepflegt und sauber, die Menschen verhalten sich unserem Rollenverhalten entsprechend- trotzdem sind die Neuseeländer gelassener, freundlicher und aufgeschlossener als viele Europäer. Das erste Mal gelingt es uns echte Freundschaften mit Einheimischen zu schließen – zu groß scheinen die kulturellen Unterschiede zwischen uns und den Bewohnern der bisher besuchten Länder gewesen zu sein.
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Den Weg heimwärts beginnen wir nicht ohne Tränen, denn Neuseeland ist uns zur zweiten Heimat geworden. Da es schon spät in der Saison ist, müssen wir an Fidschi leider vorbeiziehen und segeln über Neukaledonien nach Darwin in Australien. Bei einem Inlandstrip ins Outabck atmen wir etwas Crocodile Dundee Feeling und Idemo bekommt ein neues Getriebe.
 
Obwohl Süd-Ost-Asien vom Wind nicht gerade verwöhnt ist, entschließen wir uns die Inlandsroute zu nehmen. Eine Entscheidung die beinahe fatal geendet hätte.
 
Nach den riesigen Komodo-Drachen auf den östlichsten Inseln Indonesiens, erleben wir in Bali farbenprächtige Tempel und ästethische Tänze.
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Mitten im Dschungel von Borneo beobachten wir frei lebende Orang-Utans. Die Wolkenkratzer von Singapur sind dazu der perfekte Gegensatz. Kurze Zeit darauf erkrankt Ingrid in Malaysien an einer schweren Malaria. Zehn Tage lang wird sie künstlich beatmet und für ein paar Tage ist es nicht gewiss, ob sie durchkommt. Nach 3 Wochen kann sie noch etwas schwach aber doch gesund, das Krankenhaus verlassen. Weitere drei  Wochen später geht sie wieder ihre erste Nachtwache:  wir sind auf dem Weg zu den Malediven.
 
 
Die Einfahrt ins Rote Meer wird zum Nervenkitzel. Einige Schiffe, zwei davon kennen wir persönlich, sind schon von Piraten überfallen worden. Doch wir schaffen auch das ohne Zwischenfall und im Roten Meer finden wir wieder ein Paradies vor. Die einsamen Riffe mitten im windzersausten offenen Meer, sind faszinierend. Wir treffen unglaubliche Unterwasser-landschaften mit einem Fischreichtum, der seinesgleichen sucht. Viele unserer Freunde stürmen Richtung Norden, nur um das berüchtigte Rote Meer hinter sich lassen zu können. Wir finden aber ganz nahe bei Europa einen der besten Plätze dieser Reise.
 
Ägypten mit seinen Kulturdenkmälern wird zum letzten exotischen Etappenziel. Hier wird Anna zum „Fernsehstar“. Ein deutsches Fernsehteam besucht uns und berichtet später über den Unterricht an Bord der Idemo.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Durch den Suezkanal kommen wir zurück ins Mittelmeer. Vier Jahre und einige Monate nach der so ungewissen Abfahrt sind wir wieder zuhause.
 
Stolz, dass wir die Welt umsegelt haben sind wir nicht – das wäre zu einfach. Aber stolz darauf weggefahren zu sein, sind wir auf jeden Fall. Die Sehnsucht nach dem Rauschen der Wellen und der Freiheit, den Bug immer seinen Wünschen nach auszurichten, wird wohl für immer bleiben …