Anna war gerade eben geboren. Stolz wie nur junge Eltern sein können wollten wir unserem Kind das weite Meer zeigen. Unsere zweite große Leidenschaft. Hier der Bericht den wir nach Annas erstem Törn an den ÖSYC geschickt haben.

Anna ist acht Monate alt und hat noch nicht viel von der Welt gesehen, aber sie hat schon einen Segeltörn in der kroatischen Inselwelt hinter sich, und es hat den Anschein als hätte es ihr gar nicht so schlecht gefallen.

Bekannte und Freunde haben die Hände über den Köpfen zusammengeschlagen, als sie von unserem Familienausflug erfuhren. Das Kind wird ertrinken. Es wird seekrank werden. Sie wird von Leinen, Mast, Baum oder Winschkurbeln erschlagen. Und überhaupt ein Urlaub in einem türkischen Kinderclub, ja, aber eine ganze Woche segeln, viel zu gefährlich für den kleinen Wurm.

Die Eltern waren aber trotz aller Schwarzmalerei von ihrem Vorhaben nicht abzubringen. Das Wo, Wann und Womit wurde auf der Messe in Tulln geklärt. Dort fanden wir auch die ersten Segler die selbst Kinder auf Bootsurlaube mitgenommen hatten und alle nur das Beste berichten konnten. Beim Durchforsten der
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Charterangebote stießen wir auf Katamarane. Hatten wir nicht schon so viel von den Vorteilen eines Zweirumpfbootes gelesen? Diese Dinger segeln schnell. Es gibt keine lästige Krängung bei der irgendwelche ungesicherten Utensilien durch den Salon fliegen und den Nachwuchs erschlagen. Das sind keine Kellerschiffe, Anna kann aus dem geschützten Inneren heraus beim Segeln zuschauen. Da hat man bombastisch viel Platz im Cockpit, was wichtig ist wenn dort ein Maxi-Cosi (Kinderwippe) samt Inhalt herumsteht.
Aber, sagte meine liebe Frau, ein Katamaran kann umfallen und dann ertrinkt unsere geliebte Tochter. Nein, so ein Fahrtenkat kann nicht umfallen, das Rigg ist so ausgelegt, daß es bricht bevor der Winddruck das Schiff kentern kann, erklärte uns der nette Herr von der Charterargentur. Aha, und hat das Schiff auch Notausstiege an der Unterseite, wurde listig von der besorgten Mutter eingeworfen? Selbstverständlich, dieses Modell hat sogar zwei Notausstiege, wurden wir beruhigt. Aber wozu diese Notausstiege, wenn doch so ein Katamaran nicht umfallen kann? Nun, diese Frage konnte nicht eindeutig geklärt werden, aber die Physik und Zig-Millionen erfolgreich gesegelte Meilen mit Katamaranen überzeugten uns dann von den Vorteilen eines Tobago 35.

Da die Anreise mit dem Auto erfolgen sollte, war Kroatien als Ausgangsort vorprogrammiert. Tonnen von Spielzeug, Babyschlafsack, mehrere Babygarnituren für kalte und heiße Tage, Windeln, Kinderwagen mit Sonnenschirm, Kindersessel, Flaschenwärmer, und vieles mehr waren unerläßliche Ausrüstungsgegenstände.

Mußte nur noch die Frage der Crew geklärt werden. Oma und Opa, selbst begeisterte und erfahrene Segler, boten sich da als verständnisvolle Partner an. Sie werden auch längerfristige Unmutsäußerungen des jüngsten Crewmitgliedes mit einem Lächeln überstehen und die nötige Liebe für nächtliche Störaktionen aufbringen. So kam es, daß die Crewliste mit fünf Schnabl´s gefüllt wurde.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Frische Frühjahrswinde bescherten uns einen wunderbaren Törn durch die Kornaten und das Murtersko More.  Der Kat erwies sich als flotter Segler bei raumen und halben Winden. Hart am Wind waren die Ergebnisse erwartungsgemäß nicht berauschend. Eine bittere Niederlage gegen eine ganze Flottille von ELAN 33 hat uns das deutlich gemacht. Das Raumangebot war großartig und vor allem das riesige Cockpit überzeugte die gesamte Familie. Während dort Gemüse geputzt wurde und Anna zufrieden im Maxi-Cosi schaukelte, wurden Wenden und Halsen gefahren und zugleich belegte Brote serviert. Alles ohne den anderen auf die Zehen zu steigen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Bei ungünstigem Wetter kam Anna in ihren Hängesessel, der am Salontisch befestigt wurde und sie hatte damit den versprochenen Rundblick auf Meer und Mannschaft. Selbstverständlich war ständig jemand bei ihr, der mit Rasseln, Fläschchen und Kinderbrei ausgerüstet das übliche Unterhaltungsprogramm geboten hat, aber das ist an Land ja das gleiche.

Geschlafen hat Anna in einer eigenen Koje, die wir mit Decken und Polstern so abgesichert haben, daß sie nicht herausfallen konnte. Ist sie in der Nacht aufgewacht, haben wir zuerst versucht sie in ihrer Koje zum Weiterschlafen zu bewegen und sie erst wenn dies unmöglich war, zwischen uns gesteckt. Vormittags- und Nachmittagsschläfchen wurden auf jeweils zwei Stunden ausgedehnt, was bei den gleichmäßig gurgelnden Fahrtgeräuschen in der Koje gut zu verstehen ist.

Untertags war Anna immer warm angezogen und auf eine Kopfbedeckung als Sonnen und Windschutz wurde niemals verzichtet. Zusätzlich wurde die kleine Prinzessin mit einer speziellen Babysonnencreme geschützt und niemals dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt. Allerdings haben wir dabei auf die kleinen Händchen vergessen, was den Erfolg hatte, daß wir jetzt ein vollständig weißes Baby mit dunkelbraunen Händen haben.

Zum Zubereiten von Säuglingsnahrung nahmen wir ausschließlich Mineralwasser ohne Kohlensäure. Zusätzlich zu diesen Breien war jede Menge Fläschchennahrung an Bord und in der Nacht wird Anna noch gestillt.

Gewickelt wurde am Salontisch, zwischen Seekarten, Hafenhandbüchern und Lifebelts. Zum Reinigen eignen sich, genauso wie zu hause, warmes Wasser und Einwegwaschlappen bestens.
Da die Außentemperaturen Anfang Mai noch um die fünfzehn Grad lagen, sind wir oft in Marinas gelegen, wo der 220 Volt Elktrostrahler leise ratternd wohlige Wärme verbreitet hat. In den restlichen Nächten lag Anna in ihrem speziellen Daunenschlafsack und obwohl sie gerade in dieser Woche ihre ersten Zähne bekommen hat ist sie nie öfter als zweimal pro Nacht aufgewacht.

Gebadet wurde die kleine Nixe an Bord. Ihre Mutter und sie haben einfach gemeinsam das warme Wasser aus der Dusche genossen.

Die eigens gekaufte Babyschwimmweste wurde nicht ausprobiert, da der Einsatz des Dingis nicht notwendig war. Beim an und von Bord Gehen waren wir immer extrem vorsichtig und haben vorher jeden Schritt genau überlegt damit nichts passieren kann.

Von Seekrankheit war natürlich nichts zu bemerken. Seekrankheit ist eine Störung des Gleichgewichtssinnes - das Innenohr meldet andere Informationen an die Schaltzentrale Gehirn als die Augen. Bei Babys ist dieser Gleichgewichtsinn noch nicht richtig entwickelt, daher können sie auch nicht seekrank werden. So habe ich das jedenfalls gelesen und das klingt sehr vernünftig.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Leinen in allen möglichen Farben, Winschkurbeln mit großen roten Knöpfen, Instrumentenschalttafel mit tanzenden Zeigern, Startschlüssel mit riesigen Schwimmkorken, all das sind für ein Kleinkind brennend interessante Dinge die man angreifen und in den Mund nehmen will. Der Spielplatz Segelboot bietet also durchaus genügend Abwechslung.

Komplizierter wird es wahrscheinlich, wenn Kinder krabbeln können und auf Entdeckungsreise durch das Schiff gehen. Man stelle sich nur vor was der Feuerlöscher für eine Faszination ausüben wird, groß, rot und verboten. Ein entsprechend ausgerüstetes Schiff - Kindersitz für Cockpit und Salon, Leesegel, Relingsnetze und Sorgeleinen - würde den Erholungswert für die gesamte Familie exorbitant anheben.
 
Segeln mit Kind ist leben mit Kind. Für die Kinderbetreuung besteht kein Unterschied zischen dem Tagesablauf zu Hause und dem an Bord. Segeln, gemeinsam mit den Menschen die man am meisten liebt, ist nur der logische Weg.