Abschied von den Tropen und zwölf Tage gegen den Wind um ans andere Ende der Welt zu kommen.

 
 

wie immer koennen wir uns, ist der anker einmal gefallen nur schwer dazu bewegen ihn auch wieder hoch zu holen. nuku'alofa in tonga ist aber auch ein besonders interessanter und angenehmer ort. neben all den freundlichen tonganern und der wunderbaren inselwelt, werden deutschsprachige yachten dort vom freundlichsten und aufmerksamsten transocean-stuetzpunkt-leiter unserer bisherigen reise betreut.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
jede yacht bekommt eine einladung zu einem der beruehmten grillabende im haus von paul und edith. gibt es schwierigkeiten oder braucht man hilfe, ist paul immer zur stelle und natuerlich alles ehrenamtlich, nur fuer ein freundliches dankeschoen. transocean ist ein einzigartiger verein fuer lanzeitsegler. alle aktiven mitglieder leben auf yachten und sind in der ganzen welt verstreut. hunderte stuetzpunkte in den entlegensten winkeln der welt stehen als postadresse und anlaufstelle zur verfuegung. viermal im jahr erscheint eine clubzeitung in der reiseberichte aus allen sieben meeren erscheinen, und einmal im jahr gibt es eine auszeichnung fuer den interessantesten toern. natuerlich gibt es auch eine homepage: http://www.trans-ocean.org .

irgendwie schaffen wir es aber dann doch und trennen uns schweren herzens von der suedsee. anfang november beginnt offiziell die zyklonen-saison und wir haben ohnehin schon ueberzogen. wir wollen die zeit der wirbelstuerme in neuseeland verbringen.

auf dem weg richtung sueden mitten im suedpazifik liegt das kleine, kreisrunde nord minerva riff. bei hochwasser wird es von den aus der antarktik anstuermenden seen ueberspuelt, bei niedrigwasser kann man aber auf dem korallenriff spazierengehen. dieses einmalige erlebnis wollen wir uns nicht entgehen lassen. nach einem dreitaegigen toern faellt unser anker mitten im pazifik auf zehn meter wassertiefe. nirgends kann man land sehen, tatsaechlich ist das naechste stueckchen erde mehrere hundert meilen entfernt. trotzdem liegen wir voellig ruhig, perfekt durch das riff geschuetzt. zu welchem staatsgebiet die minerva riffe (neben dem nord- gibt es auch noch ein suedriff) gehoeren, ist nicht ganz geklaert. die tonganer fahren alle paar jahre einmal hin und hissen eine fahne, die dann vom naechsten sturm wieder umgerissen wird. die neuseelaender erheben natuerlich auch anspruch, geht es dabei doch um riesige gebiete fuer die fischereirechte und auch fidji ist der ueberzeugung, dass es sich hier um einen teil ihres landes handelt.
die unterwasserwelt ist beeindruckend. glasklares wasser mit sichweiten bis zu vierzig metern ergeben ein unglaubliches szenario. als ich mich das erste mal vom dinghi ins wasser gleiten lasse, wuerde ich am liebsten "whow" sagen. so muss sich jemand fuehlen der tapsend und tastend seine vier-dioptrien-brille sucht und sie endlich aufsetzen kann. hunderte fische in allen farben, koarallenbloecke und weisser sand, einfach schoen. einziger nachteil sind die wassertemperaturen, die um einiges niedriger sind als wir es bisher gewohnt waren. ingrid und ich haben unsere kurzen surfanzuege angezogen, aber anna ist nur mit einem leichten surfshirt geschuetzt. nach zehn minuten hat unsere tochter genug von bunten fischen und will zurueck zum dinghi, wo sie dann dick in handtuecher eingemummt auf ihre eltern wartet, die ihr kurz darauf folgen. auf der IDEMO gibt’s dann eine heisse fischsuppe zum aufwaermen.

wir haben das minerva riff nicht nur wegen der tollen unterwasserwelt angesteuert. es ist auch ein guter platz um auf ein wetterfenster fuer den toern nach neuseeland zu warten. in regelmaessigen abstaenden rauschen tiefs und hochs aus der tasmansee richtung osten. hochs bringen guenstige winde und tiefs unguenstige winde. als verantwortungsbewusste segler holen wir alle moeglichen wetterberichte ein, sprechen mit wettergurus in australien, fiji und neuseeland und als es so weit ist, kochen wir fuer die ersten tage auf see vor und brechen nach neuseeland auf. unser erstes hoch, das uns eigentlich bis neuseeland begleiten sollte, zieht mit ungewoehnlich hoher geschwindigkeit, sodass wir schon nach zwei tagen den wind auf die nase haben. das naechste hoch teilt sich, noch bevor es die nordspitze neuseelands erreicht hat, verliert so all seine positive kraft und wir haben damit zwoelf tage lang den wind auf die nase, muessen achthundert meilen gegen welle und wind kreuzen. selbst anna, die lange passagen ueber alles liebt, hat nach einigen tagen genug. als wir in opua, dem ersten port of entry im norden neuseelands, einlaufen ist sie ausnahmsweise einmal richtig zufrieden wieder land zu sehen. opua bedeutet in der sprache der maori, der ureinwohner neuseelands, "da wo der wind her kommt". als wir das hoeren, ist uns alles klar und wir wollen nur hoffen, dass sich die bedeutung des wortes im herbst nicht auf "da wo der wind hingeht" umkehrt.

trotz der unangenehmen bedingungen fuer uns, sind wir froh, heil und ohne groesseren schaeden am material hier angekommen zu sein, denn die liste derer, die nicht so viel glueck hatten, ist lang. die JOEKE mit edith und michael verliert schon nach zweihundert meilen das rigg, kann aber nach tonga zurueckmotoren. marc und cathryne auf der ZULA verlieren im sturm das ruder und werden ueber hunderte meilen von der REFLECTIONS geschleppt. guy und melissa verlieren die PNEUMA auf dem sued minerva riff und werden von einer flotte von fuenf segelyachten abgeborgen. die beiden kommen ohne koeperlichen schaden davon, ihre geliebte PNEUMA bliebt jedoch am riff. der hollaendische einhandsegler nick verliert das rigg seiner KAAMA nur zweihundert meilen vor neuseeland. nach beruhigung des wetters versucht er zu motoren, die maschine gibt jedoch bald den geist auf. zum glueck kann er ueber funk ein flugzeug erreichen, dessen besatzung die costguard alarmiert, die ihn spaeter samt schiff sicher in den hafen bringt. der schwede frank hat da weniger glueck. die MIKA wird in der nacht von einem frachter gerammt und ihm bleibt nur der sprung in die rettungsinsel. die MIKA sinkt und der frachter zieht ohne jede reaktion weiter. die neuseelaendische marine kann frank jedoch aufgrund des von ihm gezuendeten seenotsenders orten und nach zwei tagen sitzt auch er wohlbehalten im pub.

schlussendlich schaffen es alle irgendwie, auch die einhandseglerin marie luise auf der DESERT FIRST. zuerst wollte sie den schweren toern nicht alleine machen, immerhin ist das quirlige maedchen bereits 78 jahre alt und hat daher versucht in tonga crew zu finden. laut ihren worten hat sie einen jungen burschen mit 65 jahren an bord genommen. der wollte jedoch ihre anweisungen nicht befolgen und hat ihr sogar einmal ins steuer gegriffen. marie luise wusste sich jedoch zu helfen und biss den widerspenstigen juengling so kraeftig in den oberarm, dass die blutende wunde mit einem dicken verband versorgt werden musste. bei der naechsten gelegenheit durfte der unglueckliche seine sieben sachen packen und den weg richtung sueden mit dem flugzeug hinter sich bringen. marie luise hat, um eine erfahrung reicher, die ueberfahrt wie gewohnt alleine gemeistert. viele segler kaufen fuer den sechsmontigen aufenthalt ein auto (auch die idemos sind stolze besitzer eines schneeweissen nissan sentra, baujahr 89). marie luise konnte auch nicht widerstehen und faehrt jetzt mit einem roten cabrio durch die huegelige landschaft rund um die bay of islands.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
ankommen in neuseeland, ist wie nach hause kommen. jeder ist froh die sorge um die verflixten tiefs und wellenberge los zu sein und endlich wieder einmal laengere zeit an einem ort verbringen zu koennen. die durchquerung des pazifiks in nur acht monaten und die unglaubliche anzahl und vielfalt der gesammelten eindruecke hat alle muede gemacht. ausserdem ist neuseeland das erste "entwickelte" land das wir seit unserem abschied von europa besuchen.

obwohl, weiter weg von zuhause kann man auf dieser erde kaum sein. wir sind genau auf der anderen seite der weltkugel. das wird mir so richtig klar, als auf dem toern nach neuseelnad die gps-position wieder von west auf ost springt. genau um 01 uhr 45 am samstag den 16.11. 2002, ueberquert die IDEMO den 180. laengengrad! gefeiert haben wir das aber nicht. meine maedels sind tief schlafend in der koje gelegen und nur ich ganz alleine, habe gespannt auf das gps gestarrt. ohne jeden jubelton stand ploetzlich statt dem gewohnten "W" ein "E" - und das war's. aehnlich unspektakulaer war die ueberquerung der datumsgrenze (schon auf 172 grad 30 minuten). konnten wir uns bis dahin mit jeder von osten her ueberschrittenen zeitzone um eine stunde juenger machen, wurden wir in einer stillen pazifiknacht poetzlich voellig unschuldig um einen tag aelter. immer wenn in niue am sonntag morgen die kirchenglocken laueten, herrscht auf den bunten gemuesemaerkten von tonga schon rege betriebssamkeit, denn dort ist es bereits montagmorgen. die entfernung zwischen den beiden inseln betraegt aber nur runde 200 seemeilen. macht nichts, bis wir zuhause sind haben wir die verschwundenen 12 stunden wieder eingeholt und haben bei der ganzen geschichte zumindest nichts verloren.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
bevor man das schiff nach der ankunft in neuseeland verlassen darf, kommen ein immigration- und ein quarantaene-officer an bord. die offiziellen einfuhrbestimmungen fuer lebensmittel sind sehr streng. man versucht sich vor pflanzenschaedlingen und dem ungewollten einschleppen von neuankoemmlingen, die die zum teil endemische tier und pflanzenwelt gefaehrden koennten zu schuetzen. eigentlich eine durchaus verstaendliche sorge, die aber fuer eine fahrtenyacht, die meistens einem schwimmenden lebensmittellager gleicht, eine betraechtliche organisatorische aufgabe darstellt. natuerlich wurde dann alles nicht so heiss gegessen wie zuerst gekocht wurde. in einem grossen schwarzen sack verschwanden die reste unserer zwiebelvorraete und einige knollen knoblauch (wir hatten zur sicherheit eine kraeftige reserve eingeplant, denn auf der IDEMO beginnt fast jedes gericht mit dem "anschwitzen" von zwiebel). den rest an frischem zeug hatten wir noch in den letzten tagen verdrueckt.

ein einfuhrverbot gilt auch fuer honig. um von unseren noch immer betraechtlichen rumvorraeten aus venezuela abzulenken, uebergebe ich hinterlistig eine flasche synthetischen honigs aus panama (ich glaube das zeug hat nie eine biene gesehen) an peter, den quarantaene-mann. der ist eigentlich mehr an unseren erzaehlungen von der ueberfahrt und den technischen details unseres schiffes interessiert und stellt den honig mit einem augenzwinkern neben seinen schwarzen mistsack. als er von bord geht, "vergisst" er das flaeschchen. doch wir haben die rechnung ohne unsere ehrliche tochter gemacht (die hauptkonsumentin des zuckerzeugs). sie ruft laut ueber den zollsteg, so dass es alle gut hoeren koennen: "peter, you forgot the honey" und schwenkt triumphierend das braune flaeschchen. was bleibt da dem nachsichtigen mann anderes uebrig, als den honig in den sack zu stecken und uns nochmals einen guten aufenthalt zu wuenschen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
inzwischen haben wir neuseeland so richtig lieb gewonnen. die einheimischen haben ein herz fuer segler und mit unserem neuerworbenen auto und ingrids mama (nach zwei jahren hat anna endlich ihre heissgeliebte baka wieder) haben wir bereits den hohen norden der insel durchforscht und wir sind von der rauhen schoenheit der insel fasziniert.
 
ingrids mama wird der besuch sicher unvergesslich bleiben. nach einem durchzechten abend auf dem katamaran YELO versuchen mutter und tochter in unser altersschwaches dinghi zu kletern, dabei kippt das wackelige ding und der smaha-clan nimmt ein unfreiwilliges, mitternaechtliches bad im von quallen verseuchten eiskalten hafenwasser. lustiges detail am rande, beim letzten besuch meiner eltern in der karibik,  passierte das gleiche nur mit den schnabls, sohn samt eltern im atlantik. ingrid hat die konsequenzen gezogen. zwei tage spaeter sind wir stolze besitzer eines force4 dinghis, mit alu- boden und riesigen, stabilen gummiwuersten, made in newzealand.

nach den weihnachtsfeiertagen faehrt die oma nach hause und wir werden idemo aus dem wasser nehmen und unzaehlige aufgeschobene arbeiten am schiff angehen.

wir melden uns bald wieder!

anna, ingrid und robert
an bord idemo
dzt. opua, bay of islands, neuseeland


 
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