Das rote Meer hat einen schlechten Ruf. Wind aus der falschen Richtung, gefährliche Piraten und schlechte Ankerplätze. Wir dürfen eine grandiose Unterwasserwelt in kargem Wüstensand und viele nette und freundliche Menschen kennen lernen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
salalah, eine kleine hafenstadt im oman, ist so richtig arabisch. flache wuestenlandschaft, heisse luft, tiefschwarz verschleierte frauen, die maenner in langen weissen gewaendern die sie gallabaya nennen, flimmernde strassen, grosse moscheen mit hohen minaretten, von denen, mit lautsprechern verstaerkt, die singenden stimmen der muhezzins scheppern. kurz, alle klischees, die wir von der arabischen halbinsel im kopf haben, werden erfuellt.
das sultanat von oman (www.soukofoman.com) haben wir aus zwei gruenden fuer unseren ersten landfall nach dem indischen ozean gewaehlt: zum einen ist es ein guter ort um unsere zu ende gehenden vorraete wieder aufzufrischen und zum anderen ist es ein guter absprungplatz fuer die durchquerung des golf von aden.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
der golf von aden ist ein gefuerchtetes piratenrevier. allein zwischen jaenner und maerz des heurigen jahres wurden acht schiffe ueberfallen. darunter auch zwei yachten. mit schrecken haben wir die schilderungen des amerikanischen einhandsegler bill von der SALTAIR und den bericht unserer guten freunde von der franzoesischischen yacht NOTRE DAMES vernommen.

jean-jaques und ellaine von der NOTRE DAME sind besonders anna in guter erinnerung. die beiden netten leute haben sie in darwin tagelang bewirtet, waehrend ingrid und ich im moterraum der IDEMO geschwitzt haben. der salon des franzoesischen schiffes ist noch jetzt mit den zeichnungen unserer tochter ausgepflastert.

die gewaesser zwischen dem oman und yemen im norden und somalia im sueden sind schon seit alters her gefuerchtet. die kargen kuesten geben wenig zum leben her, sodass die piraterie zur einzigen erwerbsgrundlage fuer viele staemme wurde. diese tradition, verbunden mit den jahrzehntelang anhaltenden buergerkriegen, in denen jegliche staatliche kontrolle verloren gegangen ist, bereiten uns jetzt ziemliches kopfzerbrechen.

das einzig beruhigende an der sache ist, dass der klassische pirat aus dieser gegend ein arabischer familienvater ist, der wie seine vorfahren versucht in der unwirtlichen gegend zu ueberleben, aber einem gewissen ehrenkodex und gesellschaftlichen normen unterworfen ist. nicht zu vergleichen mit einem naechtlichen besucher vor einer suedamerikanischen millionenstadt, der vollgepumpt mit drogen an bord kommt und nichts zu verlieren hat.

kann man dem drogensuechtigen "jose" vielleicht noch eine mit dem feuerloescher ueberziehen, so sieht das bei "mohamed" und seinen freunden schon ganz anders aus. sie leben seit dreissig jahren im buergerkrieg, sind im umgang mit ihren kalaschnikows durchaus geuebt und wissen, was in gefahrensituationen zu tun ist. gegenwehr ist also wenig sinnvoll.

die ueberfaelle auf yachten scheinen sich immer gleich abzuspielen: ein schnelles boot mit schwer bewaffneten maennern gibt warnschuesse ab und zwingt damit die segelyacht beizudrehen. drei bis vier maenner kommen an bord und halten die verschreckte mannschaft mit automatischen gewehren in schach. danach wird das schiff durchsucht und alles, was irgendwie verwertbar ist, mitgenommen.

bill von der SALTAIR erzaehlt uns, dass die piraten durchaus auch etwas mitgefuehl zeigten. als sie sein gps abmontieren wollen, verzieht er erschrocken das gesicht und gibt zu verstehen, dass er so nur mehr schwer weiterfahren kann, also lassen sie ihm das geraet. bei jedem teil, dass geraubt wird, wird daraufhin die reaktion des bestohlenen ueberprueft und er kann so seinen autopilot und sogar sein ukw-funkgeraet retten. auch ellaine von der NOTRE DAM berichtet ähnliches. als sie unter vorgehaltenem gewehrlauf ihre halskette herausruecken soll, kann sie mit einer ruehrseeligen geschichte die grimmigen maenner dazu bewegen ihr das erbstueck zu ueberlassen. und umgangsformen haben sie auch, die seeraeuber, in beiden faellen wurde der besatzung kein haar gekruemmt und zum abschied gabs eine gewehrsalve samt jubelrufen.

vierzehn ziemlich verschreckte yachten liegen im hafen von salalah und ueberlegen was zu tun ist. eine skipperbesprechung jagt die andere. man organisiert konvois. es ist jedoch schwer so viele vorstellungen und meinungen unter einen hut zu bringen. wir entschliessen uns daher gemeinsam mit der schweizer yacht SUMMERTALE (www.summertale.ch) nach aden zu segeln.  die SUMMERTALE ist das perfekte buddyboat fuer uns. wir koennen unter maschine die gleiche geschwindigkeit halten, haben die selben vorstellungen was route und vorwaertskommen betrifft,  und der skipper martin, der seit ueber zwei jahrzehnten auf und mit schiffen lebt, macht einen sehr ueberlegten eindruck.

weit weg von der kueste durchqueren wir den golf. in der nacht machen wir uns fast unsichtbar indem wir keine navigationslichter setzen und so kommen wir, wie zu erwarten war, voellig unbehelligt nach vier tagen und vier langen naechten in aden im yemen an.

aden unterscheidet sich gaenzlich von dem hoch entwickelten oman. man merkt dem land die armut und den erst seit kurzem beendeten buergerkrieg an allen ecken und enden an. verfallene haueser, schmutzige strassen, unglaublich desolate autos, alles wirkt irgendwie improvisiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

der islam scheint alles zu beherrschen. die maenner haben mit henna rot gefaerbte haare, viele tragen einen dolch und die frauen sind verschleiert. die sammeltaxis werden getrennt fuer maenner und frauen gefuehrt, in den restaurants gibt es eigene familienraueme, die von alleinstehenden maennern nicht betreten werden duerfen. unter den schwarzen umhaengen der frauen kann man jedoch oft lachende augen sehen und einmal hoere ich sogar ein freches, "hello white man, how are you?" zu mir rueberrufen. es war das erste mal in meinem leben, dass ich von einem maedchen auf offener strasse angebloedelt worden bin! ich brauche mir darauf aber nichts einzubilden, denn andere ueberraschte segler erzaehlen ganz aehnliches.

beeindruckend war der markt von aden. wie im mittelalter werden dort lebende ziegen, neben geschlachteten kamelen und riesigen fischen verkauft. die gemuesehaendler preisen ihre waren mit lautem geschrei an und versuchen die vorbeigehenden von der qualitaet ihrer erdaepfel und kraeuter zu ueberzeugen. der grosse renner jedoch ist quat, die gruenen blaetter einer strauches aus den hochlaendern im norden. ab dem spaeten mittag sieht man die maenner mit dick aufgeblaehten backen dieses zeug kauen. angeblich verleiht der saft der blaetter einen sagenhaften weitblick und macht den geist aufgeschlossen fuer die schoenen dinge. im rahmen eines uneigennuetzigen selbstexperiments konnte ich leider ueberhaupt keine veraenderung an mir feststellen. fuer den yemen ist das quatkauen ein wirtschaftliches und gesellschaftpolitisches problem. ein drittel des einkommens eines durchschnittlichen yemeniten geht fuer den ankauf der droge auf. geld, das dann fuer die familie fehlt. geld, das nicht in wirtschaftsgueter und ausbildung gesteckt werden kann. das oeffentliche leben steht am nachmittag praktisch still, da auf allen aemtern, am markt, auf den taxistandplaetzen und fischerbooten mit glueckseelig strahlenden augen quat gekaut wird. regierung und klerus haben schon mehrmals versucht das quatkauen an den pranger zu stellen, mussten aus politischen gruenden jedoch jedesmal wieder einen rueckzieher machen. es ist einfach so, dass jeder erwachsene mann am nachmittag quat kaut.

eine ausnahme scheint unser taxifahrer zu sein. salem erzaehlt uns die geschichte von der volksdroge und beteuert, dass er der kauerei nichts abgewinnen kann. vielleicht auch um uns davon zu ueberzeugen, dass er am nachmittag der einzige zuverlaessige fahrer von ganz aden ist. salem ueberrascht uns aber auch mit politischen kommentaren, er spricht perfekt russisch, passables englisch und als wir ihm nach langem erklaeren verstaendlich machen koennen, dass wir nicht aus australien kommen (oesterreich heisst auf arabisch namsa), faellt ihm der name bruno kreisky ein.

von aden ist es nur mehr ein katzensprung zum eingang des roten meeres, bab el mandeb, was soviel wie das tor der traenen heisst. das tor macht seinem namen alle ehre, wir werden mit sturmstaerke durch den kanal geblasen und wenige tage spaeter liegt IDEMO zum ersten mal in einem afrikanischen hafen. massawa in dem jungen staat eritrea, ist ein cocktail aus arabischen und italienischen einfluessen. haeuser mit venezianischen balkonen und arabischen zwiebelfenstern. kleine kafes, enge gassen und ein orientalischer markt ergeben eine stimmung, wie aus tausend und eine nacht. die maedchen sollen die schoensten der welt sein und ich kann nur sagen: "das stimmt!". hoch gewachsen und mit stolzem blick schreiten sie ueber die einzige asphaltstrasse der stadt. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
wir geniessen ein bisschen das dolce far niente, capuccino und birra moretti. aber schon einige tage spaeter springen wir in den naechsten staat. sudan, ebenfalls ein vom buergerkrieg zerruettes land an der ostseite afrikas.  suakin und port sudan - staedte wie aus 1001 nacht, nur schaebiger, staubiger als wir uns das beim lesen der maerchen vorgestellt haben. aber auch quirrlig, laut und lebensfroh, obwohl der hunger nur wenige kilometer vor den staedten halt macht. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
die kueste wird von wueste und hohen, roten bergen begrenzt. die landschaft wirkt unwirklich - wie auf dem mond. wir finden unsere ersten marsas. marsas, das sind tiefe buchten, die fjordartig meilenweit in die wueste hineinfuehren. dort kann man sich bei starken nordwinden gut verstecken und besseres wetter abwarten. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
wir sind weit weg von jeder zivilisation. bis weit hinauf in den norden aegyptens soll sich daran auch nichts aendern. IDEMO segelt von riffankerplatz zu riffankerplatz, von marsa zu marsa und wir erleben natur pur. kamele, seeadler und flamingos sind die einzigen lebewesen die wir ueber der wasseroberflaeche sehen. unter wasser ist die hoelle los. tausende fische, bunte korallen, eine vielfalt, wie wir sie seit dem suedpazifik nicht mehr erlebt haben - und das alles vor den toren europas.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
alle riffe sind schoen, jedes auf seine art interessant und faszinierend, aber shab rumi ist der absolute wahnsinn. kreisrund, mit nur einer kleinen von korallenbloecken gespickten einfahrt, bietet es absolut guten schutz vor allen winden. der anker faellt auf weissen korallensand und IDEMO scheint in dem tuerkisklaren wasser zu schweben. anna und ihre freunde von der WOODWIND, die uns seit massawa wieder begleiten, stecken sofort die koepfe unter wasser und geraten in einen "finding nemo"-rausch (finding nemo ist der absolute kultfilm fuer die kinder). voellig aus dem haueschen geraten sie aber, als sich eine delfinschule zu uns gesellt. wie im spiel umkreisen uns die eleganten tiere. sie beobachten uns mit ihren treuherzigen augen, tauchen unter uns hinweg und kommen wieder zurueck um uns ein laecheln zu schenken. immer wieder gleiten sie aus dem blauen nichts heraus auf uns zu. es ist ein einzigartiges, unvergessliches erlebnis, das wir gluecklichen die naechsten tage immer zur selben zeit am selben ort wieder erleben sollen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
shab rumi hat nicht nur uns begeistert. schon vor dreissig jahren war jaques casteau mit seiner mannschaft und der calypso hier. sie haben haifische gefuettert und gefilmt (die sind noch immer laestig!) und haben wochenlang in einer kleinen unterwasserstadt gelebt.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
einer der taucher starb waehrend der expedition und die mannschaft errichtete in sieben metern wassertiefe unter einem der kugelhaueser, einen grabstein. diese geschichte haben wir anna schon lange ezaehlt und sie ist dann auch total begeistert, als sie die versprochene inschrift wirklich lesen kann (alfred hennebohl 1925 – 1973). sie hat etwas entdeckt, das man nicht sofort erkennen kann, das man suchen muss, so macht schnorcheln noch mehr spass. ich werde nie den ausdruck ihrer weit aufgerissenen augen vergessen, nachdem sie prustend ihre tauchermaske vom gesicht genommen hat und mich nickend anstrahlt:"ich hab's gelesen, papa! ich hab's gelesen!"

nach mehreren wochen im outback des roten meeres tauchen wir in eine andere welt ein, als wir IDEMO in der abu tig marina bei hurghada festmachen. die marina liegt inmitten einer riesigen hotelstadt (www.elgouna.com) die jeden erdenklichen luxus bietet. mit dem richtigen aegypten hat das natuerlich nicht viel zu tun. trotzdem geniessen wir das endlos laufende warme wasser in der dusche und frisches franzoesisches baguette.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
die abu tig marina ist ein guter platz um unsere schiff allein zu lassen und das alte aegypten zu entdecken. wir laufen von tempel zu tempel, stecken unsere koepfe in mystische graeber, lernen unsere namen in hieroglyphen zu schreiben und die goetter der pharaonen an ihren koepfen zu erkennen. sogar eine kreuzfahrt auf dem nil leisten wir uns. ein neuartiges gefuehl durch eine schleuse zu fahren und dabei im swimmingpool stehend, einen drink zu geniessen, waehrend sich andere um leinen, schleusentore und gefaehrliche stroemungen kuemmern muessen. einziger nachteil des reichhaltigen schiffsbuffets, die gesamte idemocrew faellt der rache der pharaonen zum opfer. alle schleusen des menschlichen koerpers oeffnen sich. wir brechen daher unsere inlandstour fruehzeitig ab und verholen uns auf die IDEMO, um unsere geschundenen maegen zu heilen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
die arabischen laender zeigen sich uns als zweischneidiges schwert. an allen ecken und enden wird man aufgefordert bakschisch fuer nicht vorhandene leistungen zu geben. als aber ruud von der hollaendischen segelyacht XENIA, seine geldboerse mit 150 us-dollar in port sudan verliert, kommt ihm ein aufgeregter mann nachgelaufen, uebergibt das geldboersl samt inhalt und freut sich einfach nur geholfen zu haben. unsere amerikanischen freunde von der APOLLO werden ueberall herzlich willkommen geheissen und sie koennen nirgends feindseligkeit finden. an einer tankstelle in aden aber, zeigt uns ein laechelnder junger mann stolz sein handy auf dem am display der angriff auf die twintowers ablaeuft. als wir bei einem strassenhaendler in suakin ein pitabrot kaufen wollen, verlangt der den wahnwitzigen betrag von fuenf dollar dafuer, einen tag spaeter werden wir in das haus eines sudanesen eingeladen und er bewirtet uns mit arabischen spezialitaeten bis uns fast der magen platzt. die eintrittsgebuehren fuer die aegyptischen tempel sind fuer auslaender unverschaemt hoch, doch niemand wuerde auch nur auf die idee kommen, ein ticket fuer anna zu verlangen. ueberall kann man die vorherrschaft des islam spueren, frauen sind verschleiert und die maenner folgen fuenfmal taeglich dem ruf des muhezzin, doch in allen arabischen laendern, die wir besucht haben, wurde alkohol ganz offen auch an einheimische verkauft und von diesen konsumiert. diese liste wuerde sich mit unglaeubigem kopfschuetteln endlos fortsetzen lassen.
 
der kleine einblick in die arabische welt war spannend, doch jetzt freuen wir uns schon auf zuhause. nur noch 180 seemeilen gegen den wind im roten meer und 90 meilen im suezkanal, dann segelt IDEMO nach vier jahren wieder im mittelmeer.
 
 
 
wir melden uns bald wieder!
 
anna, ingrid und robert
 
an bord idemo
dzt. hurghada, aegypten



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