Das rote Meer hat einen schlechten Ruf. Wind aus der falschen Richtung, gefährliche Piraten und schlechte Ankerplätze. Wir dürfen eine grandiose Unterwasserwelt in kargem Wüstensand und viele nette und freundliche Menschen kennen lernen.
jean-jaques und ellaine von der NOTRE DAME sind besonders anna in guter erinnerung. die beiden netten leute haben sie in darwin tagelang bewirtet, waehrend ingrid und ich im moterraum der IDEMO geschwitzt haben. der salon des franzoesischen schiffes ist noch jetzt mit den zeichnungen unserer tochter ausgepflastert.
die gewaesser zwischen dem oman und yemen im norden und somalia im sueden sind schon seit alters her gefuerchtet. die kargen kuesten geben wenig zum leben her, sodass die piraterie zur einzigen erwerbsgrundlage fuer viele staemme wurde. diese tradition, verbunden mit den jahrzehntelang anhaltenden buergerkriegen, in denen jegliche staatliche kontrolle verloren gegangen ist, bereiten uns jetzt ziemliches kopfzerbrechen.
das einzig beruhigende an der sache ist, dass der klassische pirat aus dieser gegend ein arabischer familienvater ist, der wie seine vorfahren versucht in der unwirtlichen gegend zu ueberleben, aber einem gewissen ehrenkodex und gesellschaftlichen normen unterworfen ist. nicht zu vergleichen mit einem naechtlichen besucher vor einer suedamerikanischen millionenstadt, der vollgepumpt mit drogen an bord kommt und nichts zu verlieren hat.
kann man dem drogensuechtigen "jose" vielleicht noch eine mit dem feuerloescher ueberziehen, so sieht das bei "mohamed" und seinen freunden schon ganz anders aus. sie leben seit dreissig jahren im buergerkrieg, sind im umgang mit ihren kalaschnikows durchaus geuebt und wissen, was in gefahrensituationen zu tun ist. gegenwehr ist also wenig sinnvoll.
die ueberfaelle auf yachten scheinen sich immer gleich abzuspielen: ein schnelles boot mit schwer bewaffneten maennern gibt warnschuesse ab und zwingt damit die segelyacht beizudrehen. drei bis vier maenner kommen an bord und halten die verschreckte mannschaft mit automatischen gewehren in schach. danach wird das schiff durchsucht und alles, was irgendwie verwertbar ist, mitgenommen.
bill von der SALTAIR erzaehlt uns, dass die piraten durchaus auch etwas mitgefuehl zeigten. als sie sein gps abmontieren wollen, verzieht er erschrocken das gesicht und gibt zu verstehen, dass er so nur mehr schwer weiterfahren kann, also lassen sie ihm das geraet. bei jedem teil, dass geraubt wird, wird daraufhin die reaktion des bestohlenen ueberprueft und er kann so seinen autopilot und sogar sein ukw-funkgeraet retten. auch ellaine von der NOTRE DAM berichtet ähnliches. als sie unter vorgehaltenem gewehrlauf ihre halskette herausruecken soll, kann sie mit einer ruehrseeligen geschichte die grimmigen maenner dazu bewegen ihr das erbstueck zu ueberlassen. und umgangsformen haben sie auch, die seeraeuber, in beiden faellen wurde der besatzung kein haar gekruemmt und zum abschied gabs eine gewehrsalve samt jubelrufen.
vierzehn ziemlich verschreckte yachten liegen im hafen von salalah und ueberlegen was zu tun ist. eine skipperbesprechung jagt die andere. man organisiert konvois. es ist jedoch schwer so viele vorstellungen und meinungen unter einen hut zu bringen. wir entschliessen uns daher gemeinsam mit der schweizer yacht SUMMERTALE (www.summertale.ch) nach aden zu segeln. die SUMMERTALE ist das perfekte buddyboat fuer uns. wir koennen unter maschine die gleiche geschwindigkeit halten, haben die selben vorstellungen was route und vorwaertskommen betrifft, und der skipper martin, der seit ueber zwei jahrzehnten auf und mit schiffen lebt, macht einen sehr ueberlegten eindruck.
weit weg von der kueste durchqueren wir den golf. in der nacht machen wir uns fast unsichtbar indem wir keine navigationslichter setzen und so kommen wir, wie zu erwarten war, voellig unbehelligt nach vier tagen und vier langen naechten in aden im yemen an.
aden unterscheidet sich gaenzlich von dem hoch entwickelten oman. man merkt dem land die armut und den erst seit kurzem beendeten buergerkrieg an allen ecken und enden an. verfallene haueser, schmutzige strassen, unglaublich desolate autos, alles wirkt irgendwie improvisiert.
der islam scheint alles zu beherrschen. die maenner haben mit henna rot gefaerbte haare, viele tragen einen dolch und die frauen sind verschleiert. die sammeltaxis werden getrennt fuer maenner und frauen gefuehrt, in den restaurants gibt es eigene familienraueme, die von alleinstehenden maennern nicht betreten werden duerfen. unter den schwarzen umhaengen der frauen kann man jedoch oft lachende augen sehen und einmal hoere ich sogar ein freches, "hello white man, how are you?" zu mir rueberrufen. es war das erste mal in meinem leben, dass ich von einem maedchen auf offener strasse angebloedelt worden bin! ich brauche mir darauf aber nichts einzubilden, denn andere ueberraschte segler erzaehlen ganz aehnliches.
beeindruckend war der markt von aden. wie im mittelalter werden dort lebende ziegen, neben geschlachteten kamelen und riesigen fischen verkauft. die gemuesehaendler preisen ihre waren mit lautem geschrei an und versuchen die vorbeigehenden von der qualitaet ihrer erdaepfel und kraeuter zu ueberzeugen. der grosse renner jedoch ist quat, die gruenen blaetter einer strauches aus den hochlaendern im norden. ab dem spaeten mittag sieht man die maenner mit dick aufgeblaehten backen dieses zeug kauen. angeblich verleiht der saft der blaetter einen sagenhaften weitblick und macht den geist aufgeschlossen fuer die schoenen dinge. im rahmen eines uneigennuetzigen selbstexperiments konnte ich leider ueberhaupt keine veraenderung an mir feststellen. fuer den yemen ist das quatkauen ein wirtschaftliches und gesellschaftpolitisches problem. ein drittel des einkommens eines durchschnittlichen yemeniten geht fuer den ankauf der droge auf. geld, das dann fuer die familie fehlt. geld, das nicht in wirtschaftsgueter und ausbildung gesteckt werden kann. das oeffentliche leben steht am nachmittag praktisch still, da auf allen aemtern, am markt, auf den taxistandplaetzen und fischerbooten mit glueckseelig strahlenden augen quat gekaut wird. regierung und klerus haben schon mehrmals versucht das quatkauen an den pranger zu stellen, mussten aus politischen gruenden jedoch jedesmal wieder einen rueckzieher machen. es ist einfach so, dass jeder erwachsene mann am nachmittag quat kaut.
eine ausnahme scheint unser taxifahrer zu sein. salem erzaehlt uns die geschichte von der volksdroge und beteuert, dass er der kauerei nichts abgewinnen kann. vielleicht auch um uns davon zu ueberzeugen, dass er am nachmittag der einzige zuverlaessige fahrer von ganz aden ist. salem ueberrascht uns aber auch mit politischen kommentaren, er spricht perfekt russisch, passables englisch und als wir ihm nach langem erklaeren verstaendlich machen koennen, dass wir nicht aus australien kommen (oesterreich heisst auf arabisch namsa), faellt ihm der name bruno kreisky ein.