Das absolute Highlight. Der Pazifik wie man sich das vorstellt. Vierundzwanzig Tage lang nur blaues Wasser, Südseeinseln, Atolle, ... richtiges Fahrtensegler-Leben!
der pazifik zeigt sich von seiner ruhigen seite. mit leichten winden aus osten segeln wir richtung sueden. wir haben uns die taktik der alten rahsegler vorgenommen, wollen versuchen am anfang der fahrt moeglichst viel richtung sueden zu gehen, und erst nach einsetzen der passatwinde, die auf etwa 8 grad sued zu erwarten sind, unseren kurs direkt auf die marquesas abzusetzen. so muss man zwar eine weitere strecke zuruecklegen, die velorene zeit sollte aber gut durch den kraeftigeren wind aufzuholen sein.
nach wenigen tagen hat sich an bord alles eingespielt. es ist ein gleichbleibender rhythmus aus schlafen, kochen, navigieren, lesen, wellen und meer beobachten und natuerlich viele stunden mit anna verbringen. sie hat uns den ganzen tag fuer sich allein, was ihr nach der anstrengenden und hektischen zeit in panama city sehr gut gefaellt. sie steht kurz vor sonnenaufgang auf und geht im daemmerlicht wieder in die koje. dazwischen spielen wir schule, machen also vorschuluebungen, lesen unmengen von buechern vor, spielen brettspiele, zeichnen, basteln landschaften aus karton und machen bei annas heissgeliebten rollenspielen mit. sie geniesst die monotonie der sich immer wieder wiederholenden tagesablauefe. dabei kann sie sich aber auch alleine beschaeftigen. oft sitzt sie stundenlang in einer ecke und "liest" ihre buecher vor. da sie ausser ein paar woertern nichts lesen kann, kommen dabei oft die lustigsten fantasiegeschichten heraus.
an den segeln ist nicht viel zu tun. hin und wieder muss ein reff eingelegt oder ausgeschuettet werden, muss der kurs um einige grad korrigiert werden, aber das ist es dann auch schon. staendig gurgelt idemo brav durchs wasser. manchmal sind es nur 2 knoten aber manchmal sind es auch sieben knoten, und dann koennen wir wunderbare etmale (in 24 stunden zurueckgelegte distanz) verbuchen. unser bestes etmal betrug 158 seemeilen (idemo-rekord sind 169 sm) und unser schlechtestes 48. aber was macht das schon aus ob wir um ein paar tage frueher oder spaeter ankommen, wichtig ist fuer uns, dass nichts kaputt geht, denn bruch kostet geld und kann natuerlich auch gefaehrlich sein.
die nachtwachen teilen wir uns. die erste wache beginnt kurz nach sonnenuntergang und endet gegen zwei uhr frueh. manchmal auch etwas frueher, wenn einer schon besonders muede ist. die anschliessende wache endet mit sonnenaufgang. alle paar tage wechseln wir uns zwischen morgen- und spaetschicht ab. so ist alles ganz gerecht aufgeteilt. der, der wache hat, goennt sich zischendurch auch ein bisschen schlaf. man legt sich auf die salonbank oder ins cockpit, schnappt sich eine eieruhr und stellt sie auf fuenfzehn minuten und ab geht es. nach vier bis fuenf tagen kann man in diesen paar minuten wirklich koestlich schlafen. ratscht der wecker, springt man auf, macht einen rundumblick, kein schiff in sicht, der kurs passt und schwups ist die uhr schon wieder aufgezogen und man kann weiterschlafen. je laenger man unterwegs ist, umso mehr wandern die intervalle richtung dreissig minuten - doch man muss aufpassen, immerhin haben wir drei schiffe in drei wochen gesehen.
die nachtwachen sind anstrengend aber auch wunderschoen. man hat ewig viel zeit zu lesen. der mond und die sterne leuchten oft so hell, dass es taghell ist und wir die positionslichter abschalten, um strom zu sparen. ich kann mir wirklich nichts schoeneres vorstellen als den warmen segelwind zu spueren und dabei den sternenhimmel zu beobachten. manchmal steht anna mitten in der nacht ploetzlich verschlafen im cockpit und will die sterne sehen. wir kuscheln uns dann zusammen auf die leeseite und warten bis wir die erste sternschnuppe gemeinsam sehen. dann muss anna noch was trinken und kriecht erst danach wieder zufrieden in ihre koje.
der mond schaut hier ganz anders aus. er steht nicht wie eine sichel am himmel, sondern wie eine schuessel. uns ist das eigentlich erst aufgefallen als anna den mond "falsch-herum" gezeichnet hat und uns nicht glauben wollte, dass der ganz anders aussieht. wir haben uns belehren lassen und spaeter von anderen erfahren, dass das mit der naehe zum aequator zu tun hat, deshalb haetten auch die alten aegypter den mond mit den hoernern eines stiers verglichen.
natuerlich steht jetzt auch die sonne auf der verkehrten seite. denn seit wir den aequator ueberquert haben, geht sie zwar noch immer im osten auf und im westen unter, aber zu mittag steht sie im norden, wo sie nach unserem geschmack eigentlich nicht hingehoert.
auch unser schiffskompass haengt ploetzlich ganz schief in seiner vollkardanischen aufhaengung. zuerst denken wir, wieder ein teil, das hinueber ist, erfahren aber spaeter, dass das daran liegt , dass er fuer die noerdliche halbkugel justiert ist. die kompassnadel kann fuer die nord- , suedhalbkugel oder aequatornaehe eingestellt werden.
das wissen wir alles seit unserer aequatorueberquerung auf dem weg zu den galapagos inseln. wir haben das damals mit einem rauschenden fest gefeiert. als champagnerersatz musste ginger-ale herhalten, wir verkleideten uns mit tuechern, besen, glitzerstoffen (aus annas prinzessinenfundus) und stirnbaendern, bis wir eine richtige neptunfamilie waren. jedes familienmitglied wurde standesgemaess getauft. seit diesem denkwuerdigen augenblick nennen wir uns princessa mar del sur (ehem. anna sophia schnabl), schoene pimpinella aequatoria (ehem. ingrid schnabl) und stolzer pacifico idemis (ehem. robert schnabl). und von allem gibt es ein beweissfoto, aufgenommen mit selbstausloeser, das die koenigliche familie im bugkorb zwischen rauschenden wellen zeigt. haetten wir damals nicht auf annas rat hin die fischleine reingenommen, wuerden wir heute wahrscheinlich dort noch immer haengen, gefangen mit einem haken am aequator...
die fischleine haben wir auch jetzt immer draussen. es ist immer wieder aufregend, wenn meistens anna bruellt: "fisch, fisch, fisch!!" die leine spannt sich dann bis zum zerreissen und tut das manchmal auch (bruchlast 150 kg) und der fisch muss mit geduld und glueck an bord gebracht werden. wir fischen nur mit einer einfachen leine, die ueber eine plastickrolle hand ueber hand aufgewickelt wird. der koeder ist aus weichem kunststoff - am besten rot und einem tintenfisch nachempfunden.
in diesem tintenfisch ist ein acht zentimeter langer doppelter nirohaken versteckt. das ganze schleppen wir ungefaehr 20 meter hinter idemo her. je schneller wir segeln umso besser. der koeder muss am wasser tanzen, dass finden die fische scheinbar unwiderstehlich. sobald etwas anbeisst, spannt sich ein expander, den wir in die fischleine eingebunden haben und alle an bord werden nervoes und aktiv. ich schlupfe in meinen sicherheitsgurt (da hinten am poopdeck schaukelt es ganz schoen und ich habe keine lust wegen einem fisch ueber bord zu gehen), ziehe handschuhe an und beginne den fisch reinzuholen. ingrid richtet ein flaches, grosses plastikgefaess her, in das der fisch sobald er an bord ist, reingeworfen wird. dort kann er problemlos ausgenommen und filetiert werden. das filetieren ist die letzte huerde vor dem abendessen - denn erst jetzt sieht man, ob der fisch wuermer hat. leider ist das hier ziemlich oft der fall und auf der idemo wandert dann der fisch wieder ins wasser - mit einer entschuldigung, da es wirklich schade ist, wenn so ein tier umsonst stirbt. seit wir den ersten fisch mit parasiten gesehen haben, haben wir auch wasabi und den sauer eingelegten ingwer weggepackt. roher fisch, nein danke. so haben wir im schnitt alle drei bis vier tage einen guten fisch am haken und die leine bleibt dann solange im schapp bis wir alles aufgegessen haben. am 14. tag auf see haben wir besonderes glueck und ein grosser schwertfisch geht an die leine. die kraft mit der er anzieht zwingt mich immer wieder einen schritt vorwaerts zu machen. die leine steht manchmal senkrecht nach unten und dann wieder ganz flach ins wasser. dann springt er ploetzlich mit seinem ganzen gewicht aus dem wasser (ganz genau so wie des "da oide hemmingway" beschreibt). die rueckenflosse erstreckt sich entlang seines schlanken, kraeftigen koerpers und ist zweimal so hoch wie der fisch selbst. sein schwert ist im vergleich zum koerper kurz und er schimmert in den verschiedensten blautoenen. ein blue marlin. nach einer dreiviertelstunde gelingt es uns den fisch an bord zu holen. er ist fast so gross wie ich und wir haben tagelang fischsteaks. den rest, den wir nicht verdruecken koennen, legen wir in einer mischung aus essig, wasser und wein mit viel zwiebel und knoblauch ein. spaeter lassen wir uns erzaehlen, dass es wahrscheinlich ein blauer sword-sailfisch war, fuer uns bleibt es aber ein blue maerlin, dem koenig der schwertfische.
so ganz alleine und ohne fremder ansprache wie man sich das vorstellt, sind wir aber nicht, denn zweimal taeglich haben wir eine funkrunde. dabei gehen die informationen ueber unseren standort sogar bis nach oesterreich. unser funkfreund guenter aus panama empfaengt e-mails von der family-spirit crew aus graz, liest uns alles vor und sendet unsere antwort per internet retour. die harlekin, eine yacht die ein paar hundert meilen vor uns segelt, hat e-mail an bord und sendet nachrichten nach brunn am gebirge und alfred, ein funkamateur aus liesing spricht mit eben dieser yacht und ruft meine eltern an. leider koennen wir uns in diese gespraeche nicht einschalten, da wir keine amateurfunklizenz haben (technisch waere das kein problem und in einem notfall koennen wir diese frequenzen natuerlich auch nutzen). es war schon ein komisches gefuehl, da mutterseelenalleine, in tiefer, schwarzer nacht, mitten am pazifik zu sitzen und zu hoeren, wie jemand in liesing zum telefon geht und zu hause anruft. da merkt man dann erst wie weit man von zuhause weg ist. die funkerei wird natuerlich nicht nur fuer den austausch der positionen genutzt, man bekommt viele nuetzliche tips und kann auch ein bisschen bloedeln.
auf galapagos haben wir uns noch mit einem 20 kg orangensack (5 dollar!) und einer riesigen bananenstaude (2 dollar) eingedeckt. die orangen sind eine wahre freude. jeden tag gibt es frischgepressten orangensaft. fuer anna gesiebt, ohne flankerln – ganz wichtig!! wir wissen, wir verwoehnen sie, aber die ersten tage stellte sich wieder diese laestige seekrankheit ein und jetzt geht es ihr so richtig gut und da soll es auf ein bisschen pantscherei im schwankenden schiff nicht ankommen. die bananen dagegen waren eine schier unloesbare aufgabe. alle werden sie zugleich reif und damit beginnt das grosse bananenkampfessen: bananenkuchen, bananenpuding (misslungen), bananenfrappee, bananen im muesli, bananen als nachtisch, bananen zwischendurch und bananen statt schokoriegel waehrend der langen nachtwachen. einen vogel, der rast auf der idemo macht, versuchen wir mit bananen zu fuettern. zuallerletzt bananenmarmelade. wir haben es fast geschafft. fuer die naechsten wochen machen wir einen grossen bogen um bananen.
gott sei dank oder leider geht auch die laengste ueberfahrt einmal zu ende und nach 24 tagen sehen wir die ersten bergspitzen von fatu hiva. die insel ist gruen und die berghaenge stechen senkrecht in den himmel. die wellen brechen an steilen felswaenden, die untergehende sonne taucht die gruenen flanken in ein unheimliches orange und der warme wind blaest uns den landduft unter die nase. wir fuehlen uns nicht wohl bei der annaeherung an diese insel, haben angst vor dem land und angst um unser schiff, das uns jetzt so gut vor dem ozean beschuetzt hat. noch dazu stimmen die karten nicht. nach der position des gps muessten wir uns schon ueber land befinden. die kueste liegt aber noch eine gute meile von uns entfernt. wir haben also nicht die besten gefuehle. als wir dann den motor starten um das letzte stueck zu motoren, springt der zwar brav an, wenige minuten spaeter ist aber schluss und wir schauen etwas verdutzt drein. da hatten wir doch so eine vorahnung. so ein schlechtes gefuehl. blitzschnell werden gross und genua wieder gesetzt und wir kreuzen von der kueste weg. im motorraum ist es heiss und ungemuetlich, aber bald stellt sich heraus, dass kein treibstoff kommt. ein kurzer check des tanks mit einer langen stange ergibt, dass wir noch genuegend diesel haben, also kein rechenfehler. wir wechseln die vorfilter und probieren es nochmals. einmal starten und schon ist alles voll diesel. gut, jetzt muessen wir nur noch die treibstoffanlage entlueften und schon brummt unser motor wieder. ingrid steht am steuer und schimpft ueber den diesel aus galapagos, gekauft aus einem grossen, rostigen fass. der ganze dreck, der vorher in dem fass war duerfte jetzt in unserem tank sein und die filter verstopfen.
thor heyerdhal hat ein jahr auf fatu hiva gelebt und ein wunderbares buch darueber geschrieben. in den schillerndsten farben beschreibt er darin einen kleinen wasserfall. den muessen wir sehen! am vatertag kaempfen wir uns mit dem dinghi durch den schwell an den strand. wir werden von den einheimischen mit blumenkraenzen begruesst. zur ehre der vaeter spielen kleine musikgruppen auf und alle sind in feiertagslaune. wir sind begeistert, das ist ein empfang wie wir uns das nicht zu erhoffen wagten. die polynesier sind offen und freundlich. sie scheinen wirklich ein vom lieben gott bevorzugter menschenschlag zu sein. die maenner sind gross und muskuloes und die jungen madchen sehen wirklich so aus, wie wir das erwartet haben. die etwas aelteren maedchen sind jedoch meisst schon einige zentimeter in die breite gewachsen und gehoeren eher der kategorie gemuetlich an. riesige bunt bemalte stoffe umhuellen die hueften der damen aber die bluete im haar fehlt nie.
der pfad zum wasserfall ist trotz der beschreibung der einheimischen nicht leicht zu finden. durch palmenhaine, entlang einem kleinen bach fuehrt er in ein enges tal. manchmal muss man ueber umgestuerzte baueme und felsen klettern, aber die muehe lohnt sich. am ende der schlucht stuerzt
das wasser senkrecht von einer dreissig meter hohen wand in einen kleinen teich. das wasser ist glasklar und angenehm kuehl. wir nehmen ein ausgedehntes bad, denn selten haben wir suesswasser in unbeschraenkter menge zur verfuegung. danach pressen wir die am wegrand gepflueckten limonen in das frische wasser und haben so einen perfekten drink. als hauptgang gibt es eine kokusnuss ebenfalls erst vor zehn minuten gefunden. ist das das paradies? vielleicht, jedenfalls muss es schon sehr nahe sein.
am rueckweg machen wir rast auf einem berghang und geniessen den wunderbaren ausblick auf's meer und das dorf. als wir kinderlachen hoeren, sehen wir zwei frauen mit einer schar kinder zu uns heraufklettern. es sind tina, anette und ihre kinder. wir lachen mit den beiden, doch dann wird die stimmung getruebt, denn tina erzaehlt uns, dass sie mit anette vor deren mann gefluechtet ist, der den vatertag mit unmengen von rum begossen hat und jetzt frau und kind verpruegeln will. als die lachende schar wieder abzieht, sind wir etwas betruebt und wollen uns mit dem wunderbaren ausblick wieder in hoechststimmung versetzen. dort unten am schwarzen strand liegt unser dinghi. stop, das liegt dort nicht mehr, sondern pfluegt gerade in engen kurven durch das wasser! wir koennen nichts unternehmen, bis ins dorf brauchen wir mindestens noch eine stunde. die kurven werden immer enger und dann wird das beiboot wieder an den strand gelegt. zumindest wurde es nicht geklaut, wir machen uns sofort auf den weg.
als wir am spaeten nachmittag ins dorf zurueckkommen, hat sich die stimmung um 180 grad gedreht. alle maenner unter 40 sind total betrunken und es gibt an allen ecken und enden streit. die hunde bellen, die frauen schreien und die maenner schlagen sich die koepfe ein. am wegrand sitzten burschen mit blutueberstroemten gesicht, und die, die noch nicht genug haben streiten weiter. wir versuchen moeglichst schnell zu unserem dinghi zu kommen, das vatertagsfest vor der kirche lassen wir lieber aus. am strand ist die ueberraschung nicht gross. unser beiboot ist mit wasser gefuellt und der aussenborder hat die spritztour der dorfjugend nicht ueberlebt. ein bisschen enttaeuscht rudern wir zu idemo zurueck. das soll das paradies sein? spaeter stellt sich heraus, dass wir fuer die reparatur des aussenborders ein ersatzteil benoetigen. das koennen wir aber erst in papete besorgen. wir werden die naechsten drei monate rudern muessen.
aber wir sind leicht zu versoehnen. beim spaziergang am naechsten morgen ist die welt wieder in ordnung. wir koennen uns gar nicht sattsehen an der bluetenpracht, dem satten gruen und all den lachenden dorfbewohnern. wir tauschen gegen zigaretten und nagellack (der hit unseres warenangebotes) fruechte. um das kleine geschaeft machen wir einen grossen bogen, die preise in polynesien sind extrem hoch und die marquesas sind spitztenreiter.
die fallboen in der bucht werden immer staerker. mit voller wucht werden sie durch das enge tal gepresst und schiessen dann aufs offene meer hinaus. das ist auf die dauer laestig – am ankerplatz die teller beim essen festzuhalten zu muessen ist nicht ganz unser traum. noch dazu wo der ankerplatz sehr tief ist. wir gehen also ankerauf, vielmehr wollen ankerauf gehen, denn die ankerwinsch gibt den geist auf. bei boen mit 50 knoten muss ich jetzt den anker aus 20 meter haendisch heraufwinschen. das ist eine langwierige und schweisstreibende aufgabe. wir schaffen es schlussendlich doch und koennen es kaum glauben: am ende der trichterartigen bucht, nimmt der wind noch zu! ohne ein einziges segel schieben wir ordentlich lage und wollen nur weg von der kueste, um dem starken wind zu entkommen. weiter draussen beruhigt sich die lage etwas. es gibt dann aber auch ganz schoen hohe wellen und die ueberfahrt zur naechsten insel, tahoata wird anstrengend. dabei steigt das erste mal seit dem beginn unserer reise, gruenes wasser ins cockpitt unseres tapferen schiffes. gott sei dank hatten wir eine vorahnung und das vorsorglich bereitgemachte steckschott sperrte dem wasser den weg in den salon ab. die kleinen luken im cockpit waren allerdings offen und jede menge seewasser kann in unsere gemuesekammer fliessen. dabei werden die in polynesien unbezahlbaren roten zwiebel aus galpagos nass und muessen spaeter muehevoll an deck aufgelegt und in der sonne getrocknet werden. hoehepunkt der nacht ist aber ein fliegender fisch, der in unseren windgenerator springt. der laedt gerade mit 5 amper und macht aus dem armen fisch hackfleisch.
in tahoata ankern wir auf fuenf meter wassertiefe ueber weissem sand. endlich koennen wir uns das erste mal seit galapagos so richtig ausschlafen. hinter dem mit kokusnusspalmen gesaeumten strand, liegt eine verlassene plantage. schon lange wissen wir, dass man hier den fruechtevorrat gratis auffrischen kann. wir sind etwas enttaeuscht als wir feststellen muessen, dass es nur mehr limonen und kokosnuesse gibt. papayas, orangen und grapefruits sind abgeerntet oder die saison fuer diese sorten ist schon vorbei. doch auch die limonen sind nicht zu verachten. wir pressen uns drei liter konzentrierten saft, den wir mit aspirin konservieren, das sollte bis tahiti reichen.
einige tage nach uns laueft der katamaran WINDPOCKE ein. wir kennen rene und martina schon seit der karibik und ich weiss, dass martina kosmetikerin ist. als sie zum allgemeinen haareschneiden einlaedt, lege ich daher vertrauensvoll meinen kopf in ihre haende. ausser mir finden sich noch drei andere langhaarige skipper ein. wir setzen uns in das netz zwischen den ruempfen. alle lachen und sind guter stimmung. ich bin der erste. martina nimmt ihren elektrischen haarschneider und ich hoere es in meinem nacken summen. ploetzlich steigt die stimmung aus unerfindlichen gruenden. alle lachen, nur martina schaut etwas verdutzt, sie hat vergessen den fuenf millimeteraufsatz aufzustecken und ich habe eine kahle stelle am kopf. martina gibt ihr bestes. aber da hilft kein zurechtfeilen und kaschieren, denn ich habe eine zehn zentimeter lange kahle schneise am kopf. also muessen alle haare weg. zum trost werde ich mit hans von der KIA ORANA verglichen, der ist zwar sicher ein schoener mann, hat aber eine vollglatze mit einem grossen flinserl im ohr und ist meister propper nicht unaehnlich. ausserdem muessen er und ich jetzt auch immer ein kaperl als sonnenschutz tragen.
am naechsten morgen sehe ich vom deck der idemo aus, 20 – 30 manta-rochen in der bucht umherpfluegen. sie bleiben die meiste zeit an der wasseroberflaeche, da es da mehr plankton zu geben scheint. anna springt begeistert herum, wir wollen mit dem dinghi hinrudern. zu unserem glueck kommt gerade erwin von der MOONWALKER mit seinem vierjaehrigen sohn alexander vorbei, er hat noch einen funktionierenden aussenborder - also schnappen wir uns schnorchelzeug und die kids und flitzen den rochen nach. sie scheinen ueberhaupt nicht scheu zu sein. interessiert kommen sie zum dinghi geschwommen. sie sind teilweise groesser als das beiboot, haben fluegelspannweiten zwischen drei und sechs metern und machen einen freundlichen eindruck. als erwin jedoch einen vom dinghi aus beruehrt, scheint der bursche das nicht zu moegen, er schlaegt mit seinen riesigen fluegeln und wir sind alle patschnass. die kinder kreischen und lachen, sind von den socken so etwas zu sehen. dann springen wir ins wasser. vier, fuenf meter tauchen wir unter und die rochen kommen hergeschwommen, beaeugen uns und ziehen erst kurz vor uns an die wasseroberflaeche. nachdem sie ihr interesse an uns gestillt haben, werden wir nicht mehr beachtet. wir tauchen immer wieder hinunter und sehen die tiere gegen das sonnenlicht. es ist unglaublich schoen, wenn sie wie in einem wasserbalett ueber uns schweben, langsam mit ihren fluegeln schlagen. am abend, beim lagerfeuer am strand, erzaehlen wir jedem der es hoeren will die geschichte von den wunderbaren mantas, wir wollen einfach durch das erzaehlen alles noch einmal erleben.
wir haben noch immer nicht einklariert, befinden uns eigentlich noch illegal in franzoesisch polynesien. das wollen wir in nuku hiva erledigen, ausserdem gibt es dort jeden samstag einen gemuesemarkt und die aussicht auf die ersten paradeiser seit zehn wochen treibt uns voran.
taiohae, der hauptort auf nuku hiva liegt in einer wunderschoenen, von hohen bergen umrandeteten bucht, die gegen die vorherrschenden winde bestens geschuetzt ist. das und die relativ guten einkaufsmogelichkeiten haben noch dreissig andere yachten hierher gelockt. als ich am naechsten tag dem gendarme beichte, dass wir schon seit einigen tagen (um genau zu sein, ueber zwei wochen) in franzoesisch polynesien sind, ist er nicht begeistert und klaert uns darueber auf, dass wir eigentlich zuerst zu einem port of entry fahren haetten muessen. ich zeige mich schuldbewusst und er nimmt es uns nicht uebel. wahrscheinlich hat es sich auch schon bis zu den franzoesischen gendarmen herumgesprochen, dass segler nicht gerne gegen den wind fahren und wir nur die logische route genommen haben. uebrigens tragen die gendarmen hier wieder die entzueckenden uniformen, die wir schon von martinique kennen (blaue, aeusserst kurze und enge hotpans ueber braunen behaarten beinen).
der markt wird zur kraftprobe fuer ingrid. aus unerfindlichen gruenden startet der um vier uhr frueh und um vier uhr dreissig gibt es nichts mehr. sie schafft es und bringt siegesbewusst paradeiser (5 dollar das kilo) gurken (2 dollar das stueck), melanzani (6 dollar das kilo), salat (2 dollar das koepfchen) und karotten ebenfalls zu eigentlich unerschwinglichen preisen nach hause.
noch in fatu hiva hat uns jean marie von der JANAIA angeboten das ersatzteil fuer den aussenborder aus papetee fuer uns zu besorgen. wir wuerden das dann schon irgendwie und irgendwo bekommen. ich habe damals alle nummern auf einen kleinen zettel geschrieben und den bei einem gemuetlichen sundowner an jean marie weitergegeben. die hoffnung, dass das funktionieren wird, war bei mir gleich null. (jean marie und henriette stammen aus tahiti und haben dort einen freund bei yamaha. sie sind schon fast am ende ihrer reise, laut jean marie haben sie die weltumsegelung nur begonnen, um die marquesas zu sehen!). ich bin also ueberrascht als ingrid auf der morgendlichen funkrunde erfaehrt, dass das winzige, kleine teilchen schon in nuku hiva sein sollte. anna und ich schmeissen uns ins dinghi, rudern an land und wirklich beim zweiten versuch ist das lager besetzt und wir erhalten das ersatzteil. die ernuechterung kommt beim einbau. es passt nicht. das ist zwar das richtige teil, aber scheinbar fuer ein anderes modell. macht nichts, ich hab's ja gleich gewusst, irgendwann kommen wir ja auch nach papeete und dann klappts hoffentlich.
zur entschaedigung gibt's am abend eine dinghi party. dreissig schlauchboote werden zur sundownerzeit mitten in der bucht zusammengebunden. das gibt eine schoene grosse partyflaeche. jeder hat knabberzeug und natuerlich ausreichend getraenke mit und los geht der spass. da wird kreuz und quer in allen moeglichen sprachen geplaudert und die leute wechseln von dinghi zu dinghi. dass da hin und wieder einer in wasser faellt, ist ja klar. anna schafft es, alle zu besuchen und nicht nass zu werden. einige haben da weniger glueck. natuerlich wird jedes bad mit grossem gejohle honoriert und fuer den gefallenen gilt als regel nummer eins, nur nicht den drink loslassen.
am naechsten morgen brechen wir zu einer tour ins landesinnere auf. das hochplateau der insel verspricht landschaftliche hoehepunkte. der weg dorthin fuehrt ueber eine steile schotterstrasse. wir muessen jedoch nicht lange gehen, bald werden wir von einem freundlichen herrn in seinem pickup mitgenommen und kommen so ohne anstrengung in die berge. die landschaft erinnert uns an die almen in der steiermark. da kommen heimatliche gefuehle bei uns auf und wir machen sofort einen ausgedehnten sparziergang in kuehler bergluft. auf dem heimweg haben wir weniger glueck mit der mitfahrgelegenheit. wir drei sitzen auf der ladeplattform eines pickups und muessen uns den platz mit einem frisch erlegten, toten wildschwein, einem kleinen lebenden ferkelchen und drei jagdhunden teilen. dem toten wildschwein haengt die dunkelrote, angeschwollene zunge ueber die kurzen hauer. das lebende ferkel quiekt erbaermlich und versteckt sich zwischen macheten, leinensaecken und alten seilen. die drei hunde wackeln und koennen sich bei der rasanten fahrt kaum halten. leider sind die hunde nicht seefest und kotzen staendig auf den boden. das gebrochene vermischt sich mit dem blut des schweines und dann beginnt es auch noch zu regenen. ich muss schon sagen, das war eine geruchsintensive fahrt. anna ist vom ferkel begeistert, und findet das ganze nicht so schlimm, ausserdem sagt sie sich, besser schlecht gefahren als gut gegangen.
am fluss lernen wir die beiden polynesier auguste und pierre kennen, sie waschen dort gerade ihr pferd. auguste sieht verwegen aus. er ist auffallend muskuloes, mindestens zwei meter gross und hat lachende augen. an seinem hals haengt eine kette, die aus den hauern von wildschweinen und den zaehnen von haien besteht. in seinem guertel stecken eine machete und zwei tranchiermesser. an seinen armen und fuessen hat er die wunderschoene traditionelle tatoos. jedes tatoo besteht aus verschiedenen ornamenten, wobei jedes eine bestimmte bedeutung hat. sie erzaehlen von der herkunft des traegers, von den vorlieben und eigenschaften der taetowierten person. die taetowierungen sind kunstvoll und mit viel liebe ausgefuehrt. die kunstwerke werden ohne elektrische maschinen und vorlagen erstellt. es wird nur mit der hand vorgezeichnet und mit einer nadel, die auf einem kleinen holz montiert ist, die haut geritzt. mit den bruellenden tigern oder eisernen jungfauen unserer breitengrade kann man das wirklich nicht vergleichen.
die jagdhunde der beiden haben viele verletzungen an den flanken. das erscheint uns nur logisch als auguste die allgemeine wildschweinjagdtechnik erklaert: sobald die hunde die faehrte eines wildschweins aufgenommen haben, werden sie losgelassen und sollen das arme schwein stellen. haben sie es umringt, kann es nicht mehr fliehen, wehrt sich aber natuerlich nach leibeskraeften und erwischt dabei immer wieder auch einen hund. auguste versucht so schnell wie moeglich zu seinen hunden zu laufen und erschlaegt dann das wildschwein mit der machete, was auch fuer ihn nicht ganz ungefaehrlich sein duerfte. auf meine frage, wieso er denn das schwein nicht einfach erschiesst, kann er nur laecheln. munition ist einfach viel zu teuer hier.
Ben von der GIPSY SOUL hatte es da leichter. er wurde von einheimischen listig gefragt, ob er ein gewehr an bord haette. als er das bejaht, wird er zur ziegenjagd eingeladen und muss natuerlich die munition fuer alle mitbringen. laut seinen schilderungen war das jagen und schiessen der leichte teil, schwierig wurde es erst, als es daran ging die ziege auszunehmen und dann den berg hinunterzutragen. aber ben zeigt sich sozial und kocht ein ausgezeichnetes ziegenragout, zu dem er alle skipper mit einer anschliessenden pockerpartie einlaedt. schlussendlich finanzieren die europaer (ein deutscher, ein hollaender und ich) den abend fuer drei gewiefte amerikaner, die staendig die regeln aendern und viel spass haben. nein im ernst, mindesteinsatz pro spiel waren nur 5 cent. die maedels treffen sich in der zwischenzeit am nachbarschiff und besprechen alles das, was die burschen nicht hoeren sollen. fuer ingrid und mich war es der erste getrennte abend seit zwei jahren.
pit und jenny von der VIGILANTE haben weniger glueck mit ihrem abendessen. jenny schiesst an einem riff in den gambier inseln einen grossen grouper (barsch) den die beiden sofort auf den griller werfen und mit einer guten flasche wein verspeisen. am naechsten tag stellen sich die ersten beschwerden ein. kribbeln in den fingern, heiss – kalt gefuehl wird umgekehrt wahrgenommen, starke uebelkeit, schuettelfrost bei tropischen temperaturen, schwerer durchfall. die beiden kaempfen und koennen auf den einsamen inseln nicht mit hilfe von aussen rechnen. nach drei tagen beginnen die symptome nachzulassen. sie haben eindeutig eine fischvergiftung mit dem namen ciguatera durchgemacht. fische mit ciguatera-gift gibt es bei allen tropischen riffen. eine alge produziert dieses gift und wird von kleinen fischen gefressen, so gelangt der ciguatera-wirkstoff in die nahrungskette. kleine fische haben wenig gift, grosse fische viel gift ins sich. die bestimmung von giftigen und ungiftigen fischen ist sehr schwierig. niemand weiss eigentlich ob ein bestimmter fisch giftig ist oder nicht. ein und die selbe fischart kann in einem atoll geniessbar sein, im naechsten atoll nur 100 meilen entfernt, aber total verseucht sein. selbst die einheimischen haben immer wieder mit ciguatera zu kaempfen. auch kleine fische sind keine alternative, denn der menschliche koerper kann das gift nur langsam abbauen, speichert es und wenn dann die naechste kleine dosis dazukommt, kippt das gleichgewicht und die krankheit bricht aus. auf der idemo werden keine riffische gegessen. die versuchung ist gross, denn am riff stehen die koestlichsten speisefische wie im supermarkt und man braeuchte nur zuzugreifen. red snapper, grouper und jacks, was das herz begehrt. wir koennten jeden tag ausgezeichneten fisch essen, aber wir trauen uns nicht, denn was ist wenn es anna erwischt? sie ist noch nicht so stark wie wir, ihr kreislauf nicht so belastbar, da kann ciguatera toedlich sein.
als wir von der geschichte hoeren, geht es der VIGILANTE-crew schon wieder besser, sie haben allerdings schon den zweiten ausbruch hinter sich. nach einer ciguateravergiftung ist oberste regel, drei monate kein fisch, kein fleisch und kein alkohol. pit und jenny haben ihre genesung mit einigen bieren und zwei ordentlichen steaks gefeiert und sich danach gleich wieder todkrank ins bett gelegt. jenny ist aber eh nicht besonders zimperlich. sie hat sich mit 23 jahren in san francisco ein altes stahlboot gekauft und ist damit alleine nach tahiti und weiter nach fidschi gesegelt. dort hat sie umgedreht und ist gegen die vorherrschenden winde zurueck nach ecuador gefahren und von dort auf die galapagos inseln, wo wir sie das erste mal getroffen haben. auf dem weg hat sie einige boyfriends verbraucht, die sie nach eigenen angaben, nach nationalitaet auswaehlt, um in die kulinarischen geheimnisse aller welt eingeweiht zu werden. und ich muss sagen, da hat sie nicht schlecht gelernt, ihre pasta mit broccoli ist wirklich erste sahne. derzeit lernt sie die deutsche kueche kennen.
uns ist die die VIGILANTE aber nicht nur wegen der guten kueche in erinnerung, jenny und pit haben anna zu einem kinderabend eingeladen und ingrid und mir so einen abend zu zweit beschert. anna fand den abend super - pit ist jetzt ihr bester freund und jenny das grosse vorbild.
ua pou ist unser letztes ziel in den marquesas. wie in den dolomiten ragen die zinnen der berge in den himmel und versetzen den betrachter in eine alpine stimmung. hier wollen wir uns noch einmal mit fruechten versorgen, denn in den tuamotus soll es ausser kokusnuessen und fisch nichts geben.
nur fruechte kann man hier nicht kaufen, jeder hat das, was er braucht im ueberfluss im garten, daher ist das angebot im dorfladen geich null. da bleibt einem als liebende eltern nur die moeglichkeit, durch die gaerten zu streifen und versuchen gegen zigaretten, rum und nagellack vitamine fuer den sproessling zu ergattern. wie in alten heimatfilmen, packen wir unseren grossen rucksack mit der tauschware und begeben uns zum hamstern ins dorf. wir muessen nicht lange fragen und nette leute fuellen unsere saecke mit pampelmousen (viermal so gross und saftig wie grapefruits), mangos, limonen, orangen, bananen und brotfruechten. das sind geschenke und nur unter protest werden unsere gegengeschenke angenommen.
andere segler haben uns pascal empfohlen. wir sollten ihn unbedingt aufsuchen, er hat ein kleines museum fuer die schulkinder eingerichtet, das er liebevoll gestaltet hat und auch gerne besuchern von aussen zeigt. wir treffen pascal und er nimmt sich einen ganzen vormittag fuer uns zeit. er erzaehlt von den heiligen staetten der ureinwohner, den maraes, die haben wir schon auf nuku hiva bewundert und die schlichte mystik hat uns beeindruckt. er erzaehlt auch von den tapas, den gewaendern der marquesianer, die aus der rinde des brotfruchtbaumes erzeugt werden, aber am liebsten erzaehlt er von den polynesischen seefahrern. von der kunst ihrer navigation, von den riesigen kanus und davon, dass diese tradition jetzt wieder im auferstehen ist. letztes jahr hat sich ein auslegerkanu in hawai auf den weg gemacht, alle marquesas inseln besucht und ist dann weiter auf die osterinseln gefahren. ohne jegliche moderne navigationsmittel, ohne gps, sextant, log, oder seekarten hat das kanu den weg gefunden. nur mit uralten stabkarten ueber die konstellation der sterne, die wassertemperaturen, die wellenbilder und das wissen ueber die stroemungen, haben die polynesischen navigatoren die winzigen inseln im pazifik gefunden. wir hoeren aber auch, dass die marquesianer ein wildes kriegerisches volk waren. die einzelnen doerfer, die in den unzugaenglichen taelern nur ueber das meer erreichbar waren, haben sich bis aufs blut bekaempft und tapfere krieger waren angesehene persoenlichkeiten. menschenfleisch wurde hier bis mitte des 19. jahrhundert verspeist. die opfer waren jedoch meist nicht gegnerische krieger, sondern schwache aus der gemeinschaft, alte, frauen und kinder. aber das ist lange her, und pascal zeigt uns kunsthandwerk der heutigen zeit. wunderschoener schmuck aus natuerlichen materialien, wie muscheln, samenkoernern, kokusnussprodukten und haifischzaehnen. und natuerlich erzaehlt er uns lange ueber die kunst des taetowierens, wie die motive zustande kommen und was sie bedeuten. kurz ueberlege ich, ob ich nicht auch so etwas haben moechte, pasqual wuerde uns einen meister von ua pou empfehlen. das waere doch was, ein peckerl als souvenir. ich lasse es dann aber doch sein, habe auch ein wenig angst vor den vielen stichen und dem heilungsprozess. zuallerletzt erfahren wir noch, dass jetzt auch die bibel schon fast zur gaenze in die landessprache uebersetzt ist, es fehlen nur noch wenige hundert seiten.
fuer die ueberfahrt auf die tuamotus brauchen wir vier tage. lange haben wir ueberlegt welches atoll wir anlegen sollen, denn es gibt 77 atolle und wir haben lediglich zeit fuer zwei vielleicht drei. takaroa wurde dann ausgewaehlt, weil wir den namen noch nie am funk gehoert haben. vielleicht waren wir heuer auch das einzige schiff dort, wer weiss? nach ein paar tagen in den tuamotus entdecken wir aber, dass es hier ueberall nur so von einsamkeit wimmelt. meistens ankern wir ganz alleine in unbewohnten buchten.
jedenfalls ist die einfahrt durch den pass von takaroa nicht ganz einfach. bis zu neun knoten kann der strom betragen. man muss also schon wissen, wann man dort reingeht. die sonne muss im ruecken stehen, schwell und wind sollen gleich null sein und stillwasser (hoch- oder niedrigwasser) muss auch gerade sein. man kann sich vorstellen, dass diese idealbedingungen niemals vorkommen. wir reduzieren unsere reisegeschwindigkeit so, dass wir am spaeten vormittag vor dem pass stehen, das passt auch gerade mit der tide, wir sollten gerade hochwasser haben. weiss schimmert es von der einfahrt zu uns herueber, wir sind nervoes. die tidenangaben sind sehr ungenau, werden nur fuer ein atoll im norden angegeben ohne irgendwelche korrekturmoeglichkeiten. ich klettere in die saling um besser zu sehen, ingrid gibt gas und wir stuerzen uns in die einfahrt. wir haben zwar zehn meter unter dem kiel aber links und rechts von uns in nur zehn vielleicht fuenfzehn metern entfernung schauen die korallenkoepfe heraus. die in der seekarte eingezeichneten spieren, gibt es natuerlich nicht. wir fahren 200 meter geradeaus und dann muessen wir einen scharfen haken nach links machen, hier ist das stueck mit dem staerksten strom, das wasser brodelt weiss, die spannung steigt, da werden wir auch schon vom strom in die lagune gespuckt. wir schaffen es ohne kratzer und sind in unserem ersten suedseeatoll.
im auessersten sueden von takaroa, finden wir einen super geschuetzten ankerplatz, den wir uns nur mit ein paar rifffischen teilen muessen. nach drei tagen verholen wir uns vor das dorf. dort lernen wir mike und tepiu kennen. tepiu wurde hier geboren und wanderte zuerst nach papeete und spaeter colorado aus. dort lernte sie mike kennen und lieben. nachdem sie genug geld beisammen hatten, begannen die beiden vor zehn jahren ein neues leben hier in der suedsee, im heimatatoll von tepiu. sie bauen ihr eigenes gemuese an, das hier bestens gedeiht. suesswasser erzeugen sie mit einem wassermacher und der strom dafuer kommt wie bei uns an bord aus den solarzellen, nur das alles halt ein bisserl groesser ist.
obwohl das dorf nur aus wenigen haeusern besteht, gibt es zwei kirchen, eine katholische und eine mormonische gemeinde. wir werden zu einer mormonenhochzeit eingeladen. das hochzeitspaar besticht durch die vereinigung von moderne und tradition. ueber dem armani anzug und dem weissen hochzeitskleid frisch aus frankreich importiert, traegt man riesige kronen aus blumen und unzaehlige blutenkraenze mit ananasblueten. die ananasblueten haben die garderobe sicherlich ziemlich versaut. ich weiss wovon ich spreche, denn die bluetenkraenze vom vatertag haben mein schoenstes bonaire t-shirt auf dem gewissen. die feierlichkeiten in der kirche und das folgende festmahl laufen eher nuechtern ab. das liegt vielleicht auch daran, dass die mormonen alkohol und tabak strikt ablehnen und auch sonst keine grossen spassmacher sind. umso besser sind die tanzvorfuehrungen, die die dorfjugend fuer das hochzeitspaar gibt. wir fuehlen uns in die tage der bounty zurueckversetzt. koennen uns so richtig die ausgehungerten maenner aus dem nasskalten, stinkigen london vorstellen, wie sie mit grossen augen die unbeschwerten, lachenden polynesier angestarrt haben. die maedchen tanzen mit schwingenden hueften, um das ohr kreisenden zeigefingern und barfuss, das gibt richtig was her. genau in dem augenblick gibt unser blitz den geist auf und wir koennen das gesehene nicht fuer die kalten wintertage zu hause speichern. macht nichts, so hab' ich wenigstens mehr musse zum geniessen.
als naechstes steuern wir das fakarava-atoll an. der noerdliche pass kostet uns nur einen laechler, mit seiner breite von einer meile, erscheint er uns babyleicht. doch auch hier kann es strom geben, der die spitzengechwindigkeit einer yacht leicht uebersteigt und wir beobachten auch ein boot, das im pass steht und wieder kehrtmachen muss, da der gegenstrom einfach zu stark war. auf fakarava wollen ingrid und anna endlich zu ihren schwarzen perlen kommen. in den atollen herrschen ideale bedingungen fuer die perlenzucht. an langen leinen unter wasser haengen tausende muscheln, die von den zuechtern nach zwei jahren mit einem fremdkoerper versehen werden, um den dann einige wenige eine perle bilden. schon auf takaroa haben wir versucht, welche zu bekommen, hatten bei den abstinenten mormonen mit unserer tauschware, billigem venezuela-rum und zigaretten vom diebesmarkt in colon, allerdings wenig glueck. hier finden wir einen zuechter, der die ausschussware (perlen, die die strengen qualitaetsmerkmale der professionellen aufkauefer nicht erfuellen) anbietet. lange sitzen meine maedels ueber hunderten von perlen und suchen die schoensten aus. am schluss muessen wir jedoch auch hier mit barer muenze bezahlen.
gleich darauf stuerzen wir uns in den unbewohnten teil des atolls. unter segel geht es weiter richtung sueden. fakarava erstreckt sich ueber vierzig meilen, ist das zweit groesste atoll des
archipels. mit stops in traumhaften suedseebuchten hangeln wir uns zu dem motu hirifa am anderen ende der lagune durch. die navigation ist nicht einfach, befinden wir uns hier doch in einem nicht kartographierten gebiet. die seekarte warnt lapidar mit dem satz: "unserveyed area - dangerous navigation, several coral patches". ich sitze auf der saling oder im bugkorb, gebe die richtung vor und ingrid steuert, jederzeit dazu bereit die schoten loszuwerfen oder die maschine fuer ein notmanöver zu starten. noch dazu ist unser drucker den weg vieler anderer elektronischer geraete gegangen und weigert sich beharrlich zu drucken. das ist insofern schlecht, da wir detailkarten nur auf dem pc-haben, und wir die fuer uns uebliche praxis, die karten mit genauem masstab vor jedem toern auszudrucken, jetzt nicht mehr einhalten koennen. ich setze mich also vor den bildschirm und mahle die karten ins logbuch, was nicht so ganz einfach ist. in papeete leisten wir uns einen neuen druckerkopf, basta.
hirifa erweist sich als wahrer leckerbissen. wir verbringen herrliche tage, die mit kochen, schiff warten, spielen, schnorcheln und muschelsammeln am aussenriff erfuellt sind. kauri – muscheln sammeln ist der neuste hit auf der idemo. stundenlang watscheln wir zu dritt den strand entlang oder waten durch das knoecheltiefe wasser am aussenriff und halten aussschau nach muscheln oder schnecken. dabei gilt die eiserne regel, wir nehmen keine lebenden muscheln! zum einen wollen wir nicht das irgendwelche tiere fuer unsere zukuenftige, dekorative wohnzimmer-muschelschuessel sterben muessen, zum anderen ist das hantieren mit lebenden schnecken extrem gefaehrlich. die wunderschoenen kegelschnecken haben in einem koecherartigen schlauch mehrere giftpfeile die sie aktiv fuer die jagd auf kleine fische einsetzen. dieses nervengift ist aeusserst stark, wirkt bei fischen sekundenschnell, und fuehrt beim menschen zu schweren laehmungserscheinungen, die meistens toedlich enden.
bei so einer sammeltour sehen wir ploetzlich einen grossen hai im knietiefen wasser. mindestens drei meter ist der braune bursche gross und er schwimmt genau parallel zum strand, so als wuerde er die grenzen seines reviers patrouillieren. wir wandern einige zeit neben ihm her und als ich dann einen schritt ins wasser mache, aendert er ruckartig seinen monotonen kurs direkt auf mich zu. ich springe sofort aufs trockene, der hai geht wieder auf marschfahrt voraus, laesst sich durch spaetere stoermanoever aber nicht mehr irritieren.
geniessbare kokusnuesse gibt es in drei reifungsgraden. an die gruenen trinknuesse kommt man am schwersten, denn sie haengen noch an den oft bist zu zehn metern hohen baeumen. am leichtesten ist es, wenn man einen moeglichst schiefen baum, der wenn moeglich noch uebers wasser haengt, (das macht eine notlandung einfacher) aussucht. hat man die nuesse runtergeschupft, werden sie an der spitze mit der machette aufgehackt und man kann den saft wie aus einem glas trinken, dass man sich dabei nautuerlich immer ordentlich ansabbert, ist klar. die braunen kokusnuesse, die zu tausenden am boden herumliegen, schuettelt man und wenn es plaetschert dann sind sie ok und man kann sie in muehevoller arbeit schaelen. raus kommt das ding, das man auch bei uns in supermarkt kauft, nur das halt auch noch saft drinnen ist. die dritte art sind jene nuesse, die schon gekeimt haben und wo oft auch schon ein palmwedel rausschaut (gibt’s bei ikea fuer 199 ös oder jetzt wahrscheinlich 14, 99 euro). die jungen triebe werden rausgerissen und abgenagt, das schmeckt dann suess. ist aber eigentlich nicht so unser fall.
als ich gerade kokosnuesse von der braunen sorte am strand schaele, kommen ploetzlich zwei kleine gefleckte schweine aus dem dickicht. ich schwinge die machete in der hand und denke kurz ueber saftige grillkotletten und die jagdmethoden auf nuku hiva nach, wage es dann aber doch nicht meinen animalischen trieb auszuleben. glueck gehabt, denn wenig spaeter traben mama und papa hinter einer palme hervor und die sind ein anderes kaliber. papa hat hoden so gross wie ein handball, ist huefthoch und kleine hauer schauen aus seinem maul. ich beschraenke mich also auf anna beschuetzen und am abend gibt’s ausgezeichnete kokosnuesse in soja-ingwer-weisswein-knoblauch-sauce.
nach einigen tagen voelliger einsamkeit, verholen wir uns an den suedlichen pass. dort lebt manihi, ein neuseelaender polynesischer abstammung. er ist uns aus diversen buechern ueber weltumsegelungen wohl bekannt und wir wollen ihn auch unbedingt kennenlernen. direkt vor seinem minimotu faellt unser anker. manihi und seine frau haben ein wunderbares haus, das nur aus natuerlichen und aus franzoesisch polynesien stammenden materialien gebaut ist. grosse, niedrige fenster werden nur mit holzlaeden geschlossen und die vorhaenge wehen im kuehlen passat. eine riesige kueche ist mittelpunkt des hauptraumes. erdfarbene stoffe auf polstern und liegematten erzeugen eine wohlige stimmung. das dach ist mit palmengeflecht gedeckt - kurz wir finden alles so vor, wie wir uns das vorgestellt haben. manihi ist ein echter sympathiko, er ruft uns ueber ukw-funk und laedt uns zu einem plausch ein. er erzaehlt von seinem atoll, von den fischen und von dem ausbau seines hauses zu einer pension. wir sind etwas schockiert, der beruehmte fischer von fakarava, der nur soviel fisch wie er zum leben braucht, faengt, laesst seine raffinierte fischfalle verkommen und ist ins gastgewerbe umgestiegen? doch die neuen bungalows sind geschmackvoll, im selben stil wie das hauptgebaeude ausgefuehrt. damit kann man scheinbar wirklich gutes geld machen. einmal in der woche bringt das kleine inselflugzeug gaeste aus tahiti oder uebersee. manihi holt sie mit seinem 220 ps power-boot ab und nach einem zweistuendigen ritt durch das atoll sind sie im paradies. das paradies ist nicht gerade billig, 80 dollar kostet die nacht in einer einfachen huette. davon kann man gut leben aber die zeiten der gedaempften ruhe sind vorbei, wir plaudern ein bisschen aber dann muessen die beiden weitermachen, denn morgen kommen 25 zahlende paradiesgaeste. sollten wir uns widererwarten einmal von unserem derzeitigen finanziellen suicid erholen, wollen wir hier ein erholsames woechlein in der suedsee verbringen. ja und sogar eine webseite hat manihi jetzt: http://www.fakarava.org/.
schweren herzens verabschieden wir uns von den tuamotus. wir wissen in tahiti erwartet uns die hektik der westlichen zivilisation und wir fuehlen uns gar nicht wohl bei dem gedanken, wieder durch yachzubehoer-laeden, baumaerkte und supermaerkte latschen zu muessen. es hilft nichts, wir muessen weiter, die zeit draengt. unser fahrplan nach australien/neuseeland zwingt uns zur raschen weiterfahrt. bei der naechsten gelegenheit rauschen wir durch den engen pass raus in den pazifik. der empfaengt uns zunaechst einmal schwachwindig. nur schleppend kommen wir voran. zu allem ueberdruss machen uns noch ueberraschende gewitterboen das leben schwer. stundenlang liegen wir auf spiegelglattem meer ohne auch nur eine meile weiter zu kommen, doch dann wird der himmel ploetzlich schwarz und der wind hat schlagartig sturmstaerke. das passiert natuerlich immer in der nacht.
als wir einen teil der strecke motoren wollen, stellen wir fest, dass der oeldruck im getriebe schlagartig abfaellt. wir fuellen oel nach und es geht wieder, aber wie lange? logische folgerung ist, dass wir das getriebe fuer die riffpassage auf tahiti schonen und idemo wieder einmal ein richtiges segelboot ist. in der naechsten nacht bricht in einer boe das spinnackerfall, damit ist unser leichtwindsegel, der blister nicht mehr zu gebrauchen, kurz darauf reisst das schothornauge der genua aus, somit bleibt uns nur mehr ein vorsegel, die brandneue aber viel zu kleine arbeitsfock. nach drei anstrengenden tagen sehen wir trotzdem zum ersten mal die berge von tahiti. es soll uns aber noch weitere 30 stunden kosten bis wir vor dem pass von papeete stehen. damit haben wir fuer 240 seemeilen rekordverdaechtige 4 1/2 tage gebraucht.
bei der einfahrt erwarten uns schon peter von der RED PAGASUS und lutz von der COBRA. sie wollen uns mit einem 30 ps starken dinghi zur seite stehen, falls das getriebe den geist aufgibt. dieses verhaelt sich aber ganz normal, so als haette es nie probleme gegeben. die sorge der beiden war aber nicht ganz unbegruendet (und unsere natuerlich auch nicht!!!), denn in den letzten vierzehn tagen sind drei yachten auf das riff vor papeete gelaufen.
jetzt liegen wir hinter dem schuetzenden aussenriff direkt vor dem maeva beach hotel und haben bereits den ersten kulturschock ueberstanden. der carrefour hier hat eine unglaubliche auswahl an koestlichkeiten aus aller welt. wir, die seit vier monaten keinen supermarkt gesehen haben, koennen es einfach nicht glauben, mehr als eine sorte kaese, koestlich dekoriert im neonlicht, regale voll mit gemuese, leise musik im hintergrund, hundert meter fleischvitrine zum wuehlen, tausende menschen, die alle nicht gruessen koennen und unsere kreditkarte wird wieder akzeptiert, unglaublich. am ersten tag kaufen wir ein saeckchen tomaten, ein kleines stueck camembert und zwei baguette, damit sind unsere geistigen kraefte erschoepft und wir verziehen uns wieder an bord.
in den naechsten tagen muessen wir uns um segel, motor, getriebe und proviant kuemmern, aber dann wollen wir so schnell wie moeglich uber moorea und bora bora weiter richtung westen.
wir melden uns bald wieder!